Mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchs wie Leopold Querfeld, Nicolas Sattlberger und Niklas Hedl hatte der SK Rapid im Österreicher-Topf über die letzten Saisonen leichtes Spiel: Einnahmen von rund zwei Millionen Euro seit 2022/23 sind nicht nichts, die Hütteldorfer zählten in diesem Zeitraum zu den größten Profiteuren des Fördersystems.
Am Sonntag hat sich das geändert, Rapid wird sich nicht mehr an die Kriterien halten. Querfeld und Sattlberger sind nicht mehr beim Verein, nachgerückt ist bis dato nur Furkan Dursun. Für den Österreicher-Topf zählen zwar grundsätzlich alle Minuten rot-weiß-roter Kicker, jene von U22-Talenten kommen aber gleich vierfach in die Wertung.
So sieht die Statistik aktuell ohne Multiplikation der U22-Minuten aus:
Verein | Spiele | Ö-Minuten Gesamt | U22-Minuten |
---|---|---|---|
Blau-Weiß Linz | 5 | 3669 | 90 |
SCR Altach | 5 | 3620 | 17 |
WAC | 5 | 3557 | 585 |
GAK | 5 | 3540 | 271 |
TSV Hartberg | 4 | 2893 | 973 |
Austria Wien | 5 | 2840 | 120 |
SK Rapid | 5 | 2807 | 108 |
WSG Tirol | 5 | 2729 | 12 |
Eine der großen Trümpfe, auf die man sich bei Rapid bisher verlassen konnte - junge österreichische Stammspieler - fehlen in der Truppe von Robert Klauß aktuell. Niklas Hedl und Kapitän Matthias Seidl werden 24, Benjamin Böckle ist bereits über 22 Jahre alt. Welche Rolle Neuzugang Jakob Schöller einnehmen wird, ist angesichts einer Verletzung noch unklar.
Wären im Saisonverlauf nicht mehrere Nachwuchstalente in die erste Mannschaft befördert worden, hätte Rapid viel Boden verloren. Zwei Beispiele: Dank ihrer Jugend bringen die Kurzeinsätze der Austria-Youngster Moritz Wels, Luca Pazourek, Philipp Maybach und Konstantin Aleksa ihrem Verein für den Österreicher-Topf dank Multiplikation deutlich mehr, als die 207 Spielminuten von Guido Burgstaller bei Rapid.
Der Zwischenstand im Österreicher-Topf nach vier Runden (mit Multiplikation):
Verein | Spiele | Ö-Topf Minuten |
---|---|---|
TSV Hartberg | 4 | 5812 |
WAC | 5 | 5312 |
GAK | 5 | 4353 |
Blau-Weiß Linz | 5 | 3939 |
SCR Altach | 5 | 3671 |
Austria Wien | 5 | 3200 |
SK Rapid | 5 | 3131 |
WSG Tirol | 5 | 2765 |
Mit der grün-weißen Stammelf, die sich über die bisherige Bundesligasaison herauskristallisiert hat, hinkte Rapid der "Konkurrenz" bereits hinterher: Es wäre auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Wiener Austria um den sechsten Platz hinausgelaufen, Altach auf dem fünften Rang lag bereits ein gutes Stück voraus.
Grenze überschritten
Über die ersten vier Saisonspiele haben sich die Grün-Weißen immer an die Obergrenze von sechs Legionären im Spieltagskader gehalten. Spätestens mit der Rückkehr der Verletzten Ismail Seydi und Thierry Gale, die wohl für die Bundesliga eingeplant sind, wäre Geschäftsführer Sport Markus Katzer vor einer Kosten-Nutzen-Rechnung gesessen. Man hätte den ein oder anderen Legionär auf der Tribüne oder bei der zweiten Mannschaft parken müssen, um einen immerhin sechsstelligen Betrag einstreichen zu können.
Zu bedenken ist, dass sich die Topf-Gesamtsumme durch die Teilnahme eines achten Teams - des GAK - 2024/25 auf acht Vereine aufteilen würde, wodurch alle Anteile kleiner geworden wären.
Durch die Verpflichtung von Tobias Børkeeiet in der Vorwoche deutete sich Katzers Entscheidung bereits an, gegen Salzburg standen am Sonntag letztlich acht Legionäre im Kader. So schnell kann es gehen: Zumindest für das laufende Quartal wird der Österreicher-Topf bei Rapid damit kein Thema mehr sein.
Wie viel der sechste Platz im Vorjahr eingebracht hat, gibt es hier nachzulesen:
Neue Ausrichtung
Wäre die Saison jetzt zu Ende, würde Rapid einen 23-prozentigen Rückgang von Österreicher-Minuten verzeichnen, man steht nur mehr bei 56 Prozent der verfügbaren Spielzeit.
Wie beurteilt Markus Katzer die aktuelle Situation? "Ich habe immer gesagt, dass wir das in jeder Transferperiode neu evaluieren werden. Prinzipiell ist es so, dass unsere Ziele und die Qualität der Spieler im Vordergrund stehen müssen", erklärte er vor dem Salzburg-Spiel gegenüber 90minuten.
Ich glaube, dass man den Österreicher-Topf - so wie er jetzt gestaltet ist - hinterfragen muss.
Ein klares Bekenntnis zum Fördersystem gab es vom Rapid-Sportchef nicht mehr. Vielmehr denkt Katzer an eine Reform: "Ich glaube, dass man den Österreicher-Topf - so wie er jetzt gestaltet ist - hinterfragen muss. Ist es zum Beispiel notwendig, dass auch Minuten von älteren Spielern gezählt werden? Wenn man Spieler dazuholen muss, nur um sich an den Österreicher-Topf zu halten und das nicht näher auf Jugendförderung bezogen ist, finde ich das nicht sinnvoll. Dann ist es auch nicht immer konkurrenzfähig, sich an den Österreicher-Topf zu halten."
In Hütteldorf sollen junge Spieler gefördert werden, rundherum steht ihnen mit erfahrenen Profis wie Guido Burgstaller, Maximilian Hofmann und Rückkehrer Louis Schaub ein Grundgerüst zur Seite. Die Nationalität der Talente spielt für Katzer dabei eine untergeordnete Rolle: "Wir kennen den Markt gut. Fakt ist: Es ist für uns kein Kriterium, ob ein Spieler Österreicher ist. Für uns zählt, ob man mit ihm die Qualität hebt und Ziele erreichen kann."
Kommt die Jugendförderung zu kurz?
Grundsätzlich wurden dem System einige Regelungen eingebaut, die jungen Spielern zugutekommen sollen. Wie erwähnt, zählen die Minuten aller österreichischen Talente, die das U22-Kriterium erfüllen, vierfach. In der Saison 2024/25 gilt das für alle, die nach dem 1.1.2003 geboren wurden.
Außerdem gelten Nachwuchskicker, die zwar keine österreichische Staatsbürgerschaft halten, aber vor ihrem 18. Geburtstag erstmals in Österreich registriert wurden, erst als Legionäre, wenn sie die U22-Grenze überschritten haben.
Mit Peter Schöttel haben Markus Katzer uns sein Wunsch nach guter Jugendförderung grundsätzlich einen Verbündeten. Der ÖFB-Sportdirektor hat 90minuten vor dem Bundesliga-Saisonstart seine Sicht der Dinge erklärt. "Jeder Anreiz, der es ermöglicht, dass junge, österreichische Spieler optimal gefördert werden, ist zu begrüßen – also aus meiner Sicht definitiv ja", meinte Schöttel auf die Frage, ob Einsätze junger Österreicher auch in Zukunft gefördert werden sollen.
Strikte Legionärsgrenze? Schöttel: "Aktuell nicht umsetzbar"
Die Rückmeldungen der Vereine zum Österreicher-Topf fallen jedenfalls durchwachsen aus: "Naturgemäß ist das sehr unterschiedlich, je nachdem, mit welchem Verein man spricht und wie dessen Strategie und Herangehensweise aussieht." Sturm Graz, der LASK und Red Bull Salzburg haben ihre Teilnahme bekanntlich beendet, bei ihnen ist der österreichische Anteil an Spielminuten in der Vorsaison auf teilweise weit unter 40 Prozent zurückgegangen.
Gegenüber 90minuten sieht Peter Schöttel das aktuelle Modell immer noch positiv: "Die Effizienz ist zweifellos zurückgegangen, allerdings erfüllt diese Förderung immer noch den ursprünglichen Zweck, weil diejenigen, die weiterhin auf österreichische Spieler setzen - im Gegensatz zu denen, die darauf verzichten - mehr Geld bekommen, da ihr Anteil ja größer wird."
Von einer fixen Grenze für Legionäre im Spieltagskader, die es in anderen Ländern gibt, hält er aktuell wenig: "Praktisch ist das aber aus meiner Sicht aktuell nicht umsetzbar. Diesem Ansatz stehen strategische und sportpolitische Argumente einiger Vereine gegenüber."
Keine konkreten Reformpläne
Mit dem einem TV-Vertrag, der 2026 abgeschlossen werden soll, könnte sich auch die Fördersumme im Österreicher-Topf ändern. Lassen sich alle Probleme mit mehr Geld lösen? "Das ist eine sehr komplexe Frage, die eine enge Einbeziehung der Vereine erfordert und einen Blick auf deren individuelle Herangehensweise verlangt", meint Schöttel.
Auf Nachfrage hält sich der ÖFB-Sportdirektor bezüglich alternative Modelle bedeckt. "Das kann nur mit allen Stakeholdern gemeinsam erarbeitet werden. Die Förderung unserer talentiertesten Spieler ist wichtig und auch notwendig. Aber es ist für den gesamten österreichischen Fußball auch wichtig, eine hochwertige Liga zu haben, in der die Spitzentalente eine Plattform für ihre optimale Entwicklung vorfinden, um danach den Sprung in eine absolute Topliga zu schaffen."