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"Nicht zu glauben!", "Ein Skandal!", "Ein Foul des Fußballbundes!", "Eine gedankenlose, gemeine Art, über den Cup zu entscheiden!" - viel verheerender hätte die Kritik nach einem denkwürdigen Finale kaum ausfallen können. Dabei hatte man diesen Ausgang ja eigentlich schon Tage vor dem letztlich dramatischen Pokalsieg der Wiener Austria im Jahr 1967 kommen sehen.
Das entscheidende Spiel selbst gerät dabei in den Hintergrund, wichtig ist die Vorgeschichte. Anfang Mai machte der LASK im Halbfinale kurzen Prozess aus dem Regionalligisten Schwechat. Beim 5:0 im eigenen Stadion traf der legendäre Helmut Köglberger dreifach - soweit keine Überraschung.
Ein Derby im Semifinale
Deutlich umkämpfter war die zweite Semifinalpartie: Rapid und Austria trafen sich - wie im Vorjahr - auf der Hohen Warte, damals hatten die Grün-Weißen den besseren Abend. Ernst Ocwirk, Trainer der "Veilchen", sah die Karten vor dem Spiel aber neu gemischt: "Ich halte die Chancen für pari."
Tatsächlich fiel die Entscheidung erst in Finish, der Rapid-Tormann ließ einen Weitschuss durch seine Beine ins Netz kullern. Unverdient war der Finaleinzug für die Austria aber nicht. Vor 12.000 Zuschauer:innen und bei nasskaltem, stürmischen Wetter machte die schnelle und fitte violette "Leichtathletikstaffel" - ein nicht nur positiv gemeinter Spitzname für die damalige Austria-Mannschaft - mit direktem Spiel dauerhaft Druck. Die Rapidler konnten sich wenige Wochen später immerhin mit dem Meistertitel trösten.
Zu viele Spiele
Parallel zur Finalpaarung stand fest: Zum zweiten Mal in der Cup-Geschichte wurden aus einem Endspiel zwei, um einen zu großen Heimvorteil der Austria bei einem einzelnen Endspiel in Wien auszugleichen. Obendrein brachte es Mehreinnahmen, die vor allem die klammen Linzer brauchen konnten. Der Nachteil: In einem damals schon dichten Terminkalender waren zwei zusätzliche Partien kaum unterzubringen. Die Meisterschaft lief bis Ende Juni, danach waren für viele Vereine internationale Spiele angesetzt.
Das erste Finalduell ging am 27. Juni unter Flutlicht in Linz vor rund 15.000 Zuschauern über die Bühne. In einem hart geführten Match machte abermals ein Köglberger-Tor den Unterschied: Nach einem Führungstreffer von Johann Kondert kurz nach der Pause stellte er in Minute 54 auf 2:0, in der Schlussphase gelang einer müden Wiener Austria per Elfmeter immerhin noch ein Anschlusstreffer - der LASK vergab im Gegenzug vom Punkt die Chance auf ein deutlicheres Ergebnis.
Wir gewinnen den österreichischen Fußballcup!
Ungünstige Vorzeichen
Wieder bewahrte sich Ocwirk seinen Optimismus. "Wir gewinnen den österreichischen Fußballcup!", gab er nach der Niederlage zu Protokoll. Seine Mannschaft habe sich Reserven aufbewahrt, die sie in Wien ausspielen werde. Tatsächlich war Ocwirk angehalten, für Erfolge zu sorgen: Tage vor dem Entscheidungsspiel wurden in den Zeitungen Gerüchte über seine Ablöse durch Béla Guttmann gestreut.
Auch der LASK gab sich angesichts der Führung zuversichtlich. Für Bauchschmerzen sorgte der Umstand, dass auch nach dem zweiten Duell samt Verlängerung kein Sieger feststehen könnte. Eine Auswärtstorregel war nicht vorgesehen, üblicherweise ging man bei solchen Fällen in ein drittes Spiel. Tage nach Finale Nummer 1 trafen sich die Vereine, um Terminvorschläge auszutauschen - ergebnislos.
Definitiv kein Elfmeterschießen
Bei den Linzern stand noch zwischen den beiden Finalpartien die erste Partie im neuen Intertoto-Cup auf dem Programm, dafür reiste Trainer Frantisek Bufka mit einer Reservisten-Truppe nach Žilina (Slowakei). Die Austria hatte sich gegen eine Teilnahme an diesem Bewerb entschieden, den Spielern stattdessen aber Urlaub versprochen.
Die Annahme war: Einigen sich die Vereine nicht, legt das Cupkomitee einen Termin fest. Erst kurz vor dem zweiten Spiel entschied sich das ÖFB-Präsidium anders und für einen Münzwurf, sollten die Mannschaften nach insgesamt 210 Minuten Fußball immer noch gleichauf liegen. Die Methode war unbeliebt, kam im Fußball aber regelmäßig zur Anwendung: Wenige Tage zuvor wurde ein Drittrundenspiel im Europacup auf diese Art entschieden. Elfmeterschießen gab es damals zwar schon, mit wenigen Ausnahmen aber nur im Jugendbereich.
Die Mannschaften für das entscheidende Finalspiel:
Wiener Austria | LASK |
---|---|
Özcan Arkoç (TW) | Wilhelm Harreither (TW) |
Heinz Nowy | Heribert Trubrig (Kapitän) |
Johann Frank | Manfred Pichler |
Karl Fröhlich | Gerhard Sturmberger |
Walter Hiesel | Siegfried Hinteringer |
Alfons Dirnberger | Chico |
Thomas Parits | Franz Viehböck |
Hans Busek (Kapitän) | Luka Liposinovic |
Josef Hickersberger | Helmut Köglberger |
Jacaré | Johann Kondert |
Ernst Fiala | Alfons Wurdinger |
Trainer | Trainer |
Ernst Oczwirk | Frantisek Bufka |
Kommen wir zum Spiel: Wieder hatten sich rund 12.000 Zuschauer auf der Hohen Warte versammelt, diesmal - am 5. Juli - bei lauen Sommerabendtemperaturen. Zu sehen bekamen sie ein hitziges Spiel: Der portugiesische LASK-Spieler Chico flog nach 55 Minuten vom Platz, nachdem er sich per Foul für einen ungeahnten Kopfstoß des Austrianers Ernst Fiala revanchiert hatte. Die Wiener spielten schon nach einer halben Stunde nur mehr zu zehnt, nachdem Walter Hiesel wegen eines eingeklemmten Nervs vom Platz gehumpelt war. Beide Torhüter standen dauerhaft unter Druck - bei der Austria war es Öczan Arkoç, der bereits einen Vertrag beim HSV unterschrieben hatte. Beim LASK Wilhelm Harreither, der beim 1:0 der "Veilchen" zu lange zögerte, Alfons Dirnberger konnte einköpfen.
Boykott fiel flach
Nach rund 100 Minuten war der Finalausgang weiterhin offen, an der Seitenlinie - so berichten es mehrere Zeitungen - steckten Funktionäre beider Vereine die Köpfe zusammen. Man könnte die Kapitäne ja einfach nicht zum Losentscheid schicken und so die Entscheidung des ÖFB umgehen. Tatsächlich durchringen konnte man sich zu diesem Schritt aber auch nicht.
So fand sich der Schiedsrichter, ein Dr. Fritz Bauer, nach 120 Minuten inmitten einer Menschentraube wieder. Der LASK wählte den Adler auf der Einschillingmünze, die Austria die Zahl. Sofort die geworfene Münze am Boden aufkam, griff ein LASK-Spieler zu und setzte zum Jubel an. Prompt protestierte Austria-Kapitän Hans Buzek, er habe deutlich gesehen, dass die Münze auf Zahl gelandet sei. LASK-Kapitän Heribert Trubrig habe sie aber schnell mit dem Fuß verdeckt und beim Aufheben umgedreht.
Zu viel Nervosität
Bauer setzte erneut zum Wurf an, diesmal ging der Prozess ordnungsgemäß zu Ende, die Wiener Austria war zum 13. Mal Cupsieger. Den bittersten Abend hatte Trubrig: Nach einer Verletzung im ersten Finalspiel stand sein Einsatz lange auf der Kippe. Seinen Fauxpas nach dem ersten Wurf stritt er zunächst ab, Teamkollege Luka Liposinovic habe die Münze aufgehoben. Erst am Tag darauf gestand er zerknirscht: "Ich war so aufgeregt. Ich war sicher - alle mussten doch gesehen haben, dass die Münze für uns gefallen war."
Wirklich zufrieden sein konnte keiner der Beteiligen, Ernst Oczwirk hielt abschließend fest: "Beide Teams hätten ein drittes Spiel verdient."
Immerhin ein kleiner Trost: Den Titel für das absurdeste Ende eines Pokalfinales im Jahr 1967 teilt Österreich sich mit der Schweiz. Nach einem strittigen Elfmeter trat die Mannschaft von Lausanne-Sport spontan und mitten auf dem Platz in einen Sitzstreik. Nach einem Platzsturm und mehreren Flaschenwürfen brach der Schiedsrichter die Partie ab, der Sieg ging an den FC Basel.