Wenn der Traum vom großen Geld platzt oder sich der Geldgeber als völlig realitätsfern herausstellt, geht es Fußball-Klubs meistens an den Kragen.
90minuten hat im Rahmen des Themenschwerpunkts "Investoren" kuriose Stories zusammengetragen:
SV Horn: Waldviertler Sushi
Der japanische Fußball-Megastar Keisuke Honda übernahm mit seiner Familien-Agentur im Sommer 2015 49 Prozent des Waldviertler Drittligisten SV Horn, wollte ihn binnen fünf Jahren in die Champions League führen. Es gab Sushi im Stadion, nach dem Aufstieg japanische Talente in der 2. Liga und eine Spielerdelegation besuchte Horn-Fans in Japan. Die Kombination war absurd, nicht von Erfolg gekrönt und hielt ungefähr so lange wie roher Fisch. Schon bald verabschiedeten ich die Japaner nach und nach wieder aus Horn.
Admira Wacker: Geplatzte Träume in Tausend und einer Nacht
"Da sind für uns Weihnachten und Ostern an einem Tag zusammen gefallen", jubelte der damalige Admira-Präsident Hans-Werner Weiss im Jänner 2005 und übergab sein Amt an den Iraner Majid Pishyar, der mit seinem in Dubai ansässigen iranisch-kanadischen Firmen-Konglomerat "32 Group" bei den Südstädtern einstieg. Nicht ganz drei Jahre später legte Pishyar die Admira mit rund 3,5 Millionen Euro Schulden in die Hände von Richard Trenkwalder, der mittels Schwadorf eine Rettungsaktion startete. Dazwischen verzeichnete der Klub statt Titelrennen und Europacup einen Abstieg, Spieler und Angestellte warteten oft monatelang auf ihre Gehälter. Letztlich war es ein Fall fürs Gericht. Kurios: Pishyar zog in die Schweiz weiter und lieferte bei Servette Genf fast deckungsgleich dieselbe Nummer.
Austria Salzburg: Der gar nicht so reiche Scheich
"Wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass alles in Ordnung ist, dann wäre ich diesen Deal gar nicht eingegangen", sagte Rudi Quehenberger, damals Präsident des SV Salzburg, als er im Sommer 2003 die Zusammenarbeit mit Scheich Khalid Al Qasimi vom Emirat Sharjah verkündete. Dieses Gefühl war er bald wieder los. Der Scheich installierte als Statthalter und Sportdirektor einen gewissen Juan Pedro Benali. Er sei Co-Trainer von Arrigo Sacchi in Madrid und Spieler von Elche und Alicante gewesen. Doch nicht nur das, sondern auch sein Name war frei erfunden. Er firmierte auch schon als Ben Ali, Rosillo oder Arana. Noch blöder, dass sich kurz darauf herausstellte, dass der Scheich weder mächtig, noch reich war. Geld gab’s für die Salzburger natürlich nie, nach wenigen Wochen war der Spuk vorbei. Ein Schmankerl am Rande war, dass dieses Hochstapler-Duo währenddessen auch den griechischen Klub Aris Saloniki übernommen hatte – eine ganze Woche lang.
St. Pölten: Vom Blitz getroffen
1999 träumt der FC Niederösterreich St. Pölten. Aufstieg in die Bundesliga, Meistertitel und Champions League binnen fünf Jahren. Dazu ein neues Stadion, das "in Österreich einzigartig" ist, und die Umbenennung in Flash St. Pölten. Versprochene Investitionen: bis Saisonende 60 Mio. Schilling (inflationsbereinigt 8 Mio. Euro), im Aufstiegsfall für die erste Saison bis zu 300 Mio. Schilling (inflationsbereinigt 40 Mio. Euro). Was sollte da schon schiefgehen? Naja, alles. Die angebliche US-Investmentgruppe "inFavorit" überwies keinen Groschen, Kontaktmann Benjamin Englisch alias Benjamin Abramovici stellte sich als Betrüger heraus, wurde inhaftiert. Und die Kicker warteten monatelang auf ihr Geld. Obmann Franz Hein mitten im Chaos entwaffnend ehrlich: "Leider hat sich bei uns niemand gemeldet, der uns Geld zukommen lassen möchte." Am Ende stand der Konkurs des Klubs, dessen inoffizieller Nachfolgeverein der SKN St. Pölten ist.
Austria Wien: Insignien des Machtkampfs
Die strategische Partnerschaft mit "Insignia" sei "ein Meilenstein in der Klub-Geschichte", frohlockte AG-Vorstand Markus Kraetschmer. Die finanziell arg angeschlagene Austria vertraute auf das Unternehmen des Georgiers Michael Surguladze, der zum Start der Zusammenarbeit zum Jahresanfang 2021 wegen einer schweren COVID-19-Erkrankung im künstlichen Koma lag, bei der Präsentation durch seinen luxusliebenden Sohn Luka Sur, der immerhin mal Darsteller in einem Musikvideo von Madonna war, vertreten wurde. Fortan ruderten beide Parteien konsequent in unterschiedliche Richtungen, eine über die Medien ausgetragene Schlammschlacht und gegenseitige Vorwürfe waren noch das Substanziellste an der ganzen Geschichte.
LASK: Der Kriminalfall Rieger
Im September 1995 wurde der Banker Wolfgang Rieger zum neuen LASK-Präsidenten gewählt. An seiner Seite Johann "Lucky Joe" Strauß – der in die USA ausgewanderte Steyrer hatte dort Hunderte Millionen Schilling im Lotto gewonnen. Zwei Jahre später fusionierten die "Athletiker" mit dem FC Linz, heute würde man sagen, sie löschten den Stadtrivalen de facto aus. Wiederum ein Jahr später, im Herbst 1998, hielt die "Riegerbank-Affäre" die Republik in Atem – nachdem bei einer Prüfung jahrelange Bilanz-Fälschung festgestellt worden war, tauchte Rieger unter. Davor brach er noch in seiner eigenen Bank ein, krallte sich aus einem Tresor 107 Millionen Schilling und brachte säckeweise belastende Akten zu einer Müllverbrennung. Wenig später stellte sich Rieger der Polizei, wanderte schon bald ins Gefängnis. Der LASK bekam arge finanzielle Probleme, Peter-Michael Reichel rettete den Klub, wurde dann aber selbst zum Buhmann der Fans.
FC Wacker: Das Geld kommt gleich!
Der Niedergang des FC Wacker Innsbruck war eine Aneinanderreihung unglaublicher Possen, deren komplette Wiedergabe den Rahmen sprengen würde. Im Schnelldurchlauf: Im Frühjahr 2020 wurde ein Hamburger Geldgeber präsentiert, mit dem es zurück in die Bundesliga gehen sollte. Matthias S. forderte viel (Absurdes) und gab wenig. Etwas mehr als ein Jahr später zogen alle Beteiligten die Reißleine, Mikhail Ponomarev, der zuvor in Uerdingen viel verbrannte Erde hinterlassen hatte, sprang mit einem Überbrückungskredit ein. Danach übernahm Kevin Radi das Ruder und zog den Karren durch jedes nur erdenkliche Fettnäppchen noch tiefer in den Dreck. Sein "Investor" Thomas Kienle war sowieso ein Geist. Lieblingssatz: "Nächste Woche kommt das Geld!" Monate des Grauens mit Gastauftritten von Ernst Middendorp und Dennis Aogo.
DSV Leoben: Mission Ikarus
Die #Mission2028 ist freilich in der Theorie noch möglich, in der Praxis tendenziell aber impossible. 2021 setzte der DSV Leoben zum Höhenflug an, um in die österreichische Bundesliga zurückzukehren. Dubiose Geldgeber – von mutmaßlichen Pyramiden-Systemen über im Nahen Osten angeblich erfolgreichen Energy Drinks bis zu sich ständig umbenennenden Goldhändlern – gaben sich die Klinke in die Hand und sollten Flügel verleihen. Für so manchen Kicker und Trainer flossen finanziell Milch und Honig, immerhin klappte der Aufstieg bis in die 2. Liga, ehe die Bundesliga nach einem Jahr die Zulassung verweigerte und das ganze Kartenhaus in sich zusammenbrach. Ein neues Führungsteam versucht nun, die Scherben aufzukehren. Masseverwalter incoming.
FC Linz, Pasching, Oedt: Schmaler Grad am Abgrund
Der inzwischen 85-jährige Oberösterreicher ist erfolgreicher Logistik-Unternehmer und stets von Fuß bis Kappe in Schwarz gekleidet. Im heimischen Fußball ist er aber ein bunter Hund, hat so manchen Verein zu Erfolgen geführt, um ihn dann mitunter aber auch wieder zu liquidieren. Franz Grad griff dem FC Linz nach dem Rückzug der VÖEST unter die Arme, trug ihn dann durch die Fusion mit dem LASK aber quasi auch zu Grabe. Anschließend führte er den FC Pasching aus dem Unterhaus bis in den Europacup, um später die Lizenz nach Klagenfurt an den neu gegründeten SK Austria Kärnten zu verscherbeln. Aktuell klettert er gefühlt ein wenig widerwillig mit ASKÖ Oedt die Liga-Pyramide nach oben.
SV Horn: UFA aufs Trainerkarussell
Im Sommer 2020 ging der SV Horn mit "UFA Media" eine Partnerschaft ein, und es brach postwendend das blanke Chaos aus. Mit Aleksandr Borodyuk schlug ein renommierter, russischer Trainer im Waldviertel auf, hatte aber ob der Kurzfristigkeit seines Engagements kurz vor Saisonstart keinen Tau vom österreichischen Fußball oder seinem Team. Nach drei Spielen war er wieder weg. Es folgte Vorgänger Genadi Petrov als Interimscoach. Danach installierte "UFA Media" den Kroaten Davor Mladina, gegen den Willen des Klubs. Mladina saß nur ein Spiel auf der Bank, Petrov durfte wieder übernehmen, ehe Alexander Schriebl bis Saisonende kam. Und von "UFA Media" war nichts mehr zu hören. Hat sich ausgezahlt...
Austria Wien, Wr. Neustadt: Fast Weltmeister
Als Frank Stronach im April 1998 mit dem Flugzeug über das hell erleuchtete Happel-Stadion, in dem das ÖFB-Team gerade mit 0:3 gegen die USA unterging, flog, veränderte sich die Geschichte des heimischen Fußballs. Im Sommer 1998 stieg er mit Magna als Mäzen bzw. Betriebsführer bei der Wiener Austria ein, wollte sie je nach Tagesverfassung zum Weltmeister oder Europacupsieger machen, was beides nachweislich knapp nicht gelang. Die kuriosen Anekdoten aus Stronachs FAK-Zeit sind legendär. Von 1999 bis 2006 stand der Austro-Kanadier der Bundesliga zudem als Präsident vor. 2008 lösten die Veilchen den Betriebsführer-Vertrag auf, Stronach kaufte die Lizenz des SC Schwanenstadt und förderte fortan den FC Magna Wiener Neustadt, mit dem er es in der ersten Saison in die Bundesliga schaffte. Und zwischendurch durften sich auch noch etliche andere Klubs, nicht zuletzt der SK Sturm, über Finanzspritzen freuen. Lieblingsspruch: "Wer das Gold hat, macht die Regeln."
Stadl-Paura: Da lachen ja die Hühner
Vier Punkte und 12:70 Tore nach 16 Runden. Der ATSV Stadl-Paura legte im Herbst 2019 eine denkwürdige Hinrunde in der Regionalliga Mitte hin. Doch Rettung nahte. Im Jänner 2020 präsentierte der Klub mit dem südkoreanischen Unternehmen "Goob’ne" die "landesweit größte Fastfood-Kette". Google weiß davon übrigens nichts. Aber egal, denn Sponsorenvertreter Hyosun Wi war glücklicherweise gleichzeitig Inhaber einer Sportagentur. Auch davon weiß Google nichts. Jedenfalls tauschte der Klub in diesem Winter einfach mal die komplette Mannschaft aus, verpflichtete 18 Neuzugänge aus zehn verschiedenen Ländern. Und dann kam Corona, der Sponsorvertrag wurde aufgelöst und alles war wieder vorbei. Stadl-Paura stieg bei der erstbesten Möglichkeit, nämlich 2021/22, mit sechs Punkten und 18:129 Toren aus der Regionalliga Mitte ab. Na Mahlzeit!
FC Tirol: Der Jongleur und sein Dream Team
Im Sommer 1994 kaufte sich der FC Tirol kurzerhand ein Dream Team zusammen – Manni Schwabl, Souleyman Sané, Harald Cerny, Peter Stöger, Roman Mählich und obendrein als Trainer Hans Krankl. Der 33-jährige Banker Klaus Mair, Vorstandsmitglied und de facto Boss des Vereins, machte es möglich. Doch schon Mitte August platzte die Blase. Mair wurde verhaftet, weil er als "Finanzjongleur" mit wüsten Spekulationen in seiner Funktion als Vize-Filialchef der GiroCredit in Seefeld die Bank und ihre Kunden um mehrere Hundert Millionen Schilling geschädigt hatte. Das Gericht stellte später auch fest, dass Krankl bzw. sein Manager Skender Fani bei der Unterschrift zusätzlich 3,6 Mio. Schilling bar auf die Hand bekommen hatte, für Stöger nahm Manager Walter Meischberger 3 Mio. Schilling entgegen. Die APA berichtete die Reaktion des Klubs: "Man habe sich zwar auch im Vorstand über das rasche Fließen der Gelder gewundert, Mair sei aber ausreichend durchleuchtet worden und habe als Devisenmakler und 'Geldvermehrer' einen guten Ruf gehabt..."
SV Mattersburg: Das Geld, das es nie gab
Es war ein Traum. 1988 übernahm Martin Pucher den SV Mattersburg als Präsident und führte den Klub von der 2. Klasse Mitte bis in die Bundesliga und in den Europacup. Die Burgenländer etablierten sich als fixe Größe im österreichischen Profi-Fußball. Im Sommer 2020 endete alles mit einem großen Knall. Die von Pucher gegründete Commerzialbank Mattersburg, deren Vorstandsvorsitzender er war, wurde von der Finanzmarktaufsichtsbehörde geschlossen. Fingierte Kredite, frisierte Bilanzen, gefälschte Belege – die Commerzialbank hatte im Laufe der Jahre nichts ausgelassen. Es war die drittgrößte Pleite in der Geschichte der Zweiten Republik. Der SVM erhielt von Pucher, der von Dezember 2005 bis Dezember 2009 Bundesliga-Präsident war, "ab Juni 2008 insgesamt 16,5 Millionen Euro an fingierten (Bar-)Geldern aus dem nicht realen Geldkreislauf der Commerzialbank", stellte ein Gutachten später fest.
Karabakh/Mauerwerk: Große Träume, kein Fortkommen
2014 stieg der aserbaidschanische Investor Orkhan Valiyev bei WAT Ottakring ein, um dem Klub finanziell unter die Arme zu greifen. Der Verein wurde daraufhin in FC Karabakh umbenannt und träumte als Sechstligist von der Bundesliga. Immerhin schaffte es der Klub bis in die Regionalliga Ost, ehe der ägyptische Immobilien-Mogul Mustafa Elnimr übernahm und den Verein nach seinem Unternehmen FC Mauerwerk benannte. Die Ziele wurden nicht kleiner, aber auch nicht erreicht. Der Klub hat es nie über die Regionalliga hinaus geschafft, ist aber praktisch ständig wegen angeblich ausständiger Gehaltszahlungen an seine Spieler in den Schlagzeilen – dementsprechend groß ist auch die Fluktuation im Kader.