Deutschland-Legionär Schuster: Im Sommer zurück nach (ganz) oben?
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Deutschland-Legionär Schuster: Im Sommer zurück nach (ganz) oben?

In Sandhausen fiel der Ex-Rapidler internen Turbulenzen zum Opfer, bei Holstein Kiel möchte er eine große Chance ergreifen. 90minuten hat mit Lion Schuster gesprochen.

Lion Schuster hatte es in den letzten zwei Jahren nicht immer leicht. Nach 11 Jahren im Verein wurde sein Vertrag beim SK Rapid im Sommer 2023 nicht mehr verlängert - eine unangenehme Situation für jeden Profi, umso mehr aber für einen, der sich gerade von einer langwierigen Verletzung zurückgearbeitet hat.

Schuster verließ Hütteldorf als verdienter Nachwuchsspieler mit 24 Einsätzen für die erste Mannschaft, neun davon unmittelbar vor der rund 650-tägigen Pause (>>> Mehr zur damaligen Situation).

Von Wien-Hütteldorf nach Deutschland

Der damals 22-Jährige entschied sich nach dem Abschied aus Wien für einen Wechsel nach Deutschland, zum SV Sandhausen. Nach acht Jahren in der 2. Bundesliga war der Verein gerade frisch abgestiegen, von der sportlichen Führung rund um Ex-Klagenfurt-Sportchef Matthias Imhof wurde der Wiederaufstieg als Ziel ausgegeben.

Für Schuster war der Schritt ins Ausland zunächst ein Erfolg: 20 Pflichtspiele und knapp 1.000 Einsatzminuten in der Saison 2023/24 waren zwei persönliche Rekorde im Profifußball. Für Sandhausen reichte es am Ende für Tabellenplatz acht - ein ordentliches Resultat, aber letztlich nicht ausreichend, um für Ruhe zu sorgen.

Es sind nur eine Handvoll Spieler aus dem Vorjahr geblieben, wir mussten uns erst einmal finden.

Schuster über die erste Sandhausen-Saison

Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres entschied sich der Verein, den Kader auf den Kopf zu stellen. 2023 war Schuster einer von insgesamt 18 Sommer-Neuzugängen, im Winter kamen drei weitere - darunter die Österreicher Patrick Greil und Markus Pink - hinzu. Im Gespräch mit 90minuten fasst er die herausfordernde Situation zusammen: "Wir waren eine komplett neu zusammengestellte Mannschaft. Es sind nur eine Handvoll Spieler aus dem Vorjahr geblieben, wir mussten uns erst einmal finden. Ein Aspekt war sicherlich die fehlende Kontinuität, um nach und nach konstanter zu werden und etwas aufzubauen." 

Verfrühter Abschied

Nach der Saison wurden erneut 13 Spieler verpflichtet, mit bitteren Konsequenzen für Lion Schuster: Obwohl sein Dreijahresvertrag beim Drittligisten noch bis 2026 gelaufen wäre, strich Sandhausen ihn aus den Planungen. Sreto Ristić hatte zu diesem Zeitpunkt gerade als Cheftrainer übernommen.

Damals hatten wir einen neuen Trainer und ich habe mir schon erhofft, dass die Karten neu gemischt werden.

Lion Schuster

Schuster hätte den Verein schon im Sommer verlassen dürfen, kurzfristig kam aber kein Transfer zustande: "Damals hatten wir einen neuen Trainer und ich habe mir schon erhofft, dass die Karten neu gemischt werden. Da sich meine Rolle dann leider erst spät herauskristallisiert hat, war es im Sommer schwierig, eine passende Alternative zu finden", erklärt er gegenüber 90minuten. Über sieben Monate konnte der inzwischen 24-Jährige zwar mit der Mannschaft trainieren, Chancen auf Spielzeit gab es aber keine.

Vor Ristić amtierten seit Juni 2023 Danny Galm, Jens Keller und Gerhard Kleppinger. Ristić selbst wurde erst im Dezember durch Kenan Kocak ersetzt, auch Imhof musste den Verein verlassen - abseits des Kaders wurde also ebenfalls mehrfach umgebaut. Inzwischen schwebt Sandhausen auch in der 3. Liga in Gefahr, der Abstieg ist noch nicht vom Tisch.

Neustart bei einem Top-Klub

Im Gespräch mit 90minuten betonte Lion Schuster, sich jetzt nach vorne orientieren zu wollen. Nach Auflösung seines Vertrags in Sandhausen nahm ihn der Bundesligist Holstein Kiel für seine zweite Mannschaft unter Vertrag, eine gute Lösung für alle Seiten: "In Sandhausen war es für mich persönlich am Ende nicht ganz einfach, vor einigen Wochen war noch unklar, wo und wie es weitergeht. Mehrere Optionen standen im Raum. Jetzt bin ich glücklich mit der neuen Herausforderung. Ich kann Spielpraxis sammeln und habe in Kiel viel Freude am Fußball."

Ich wurde eingeladen, vor Ort zu trainieren und die Mannschaft kennenzulernen. Ob wir die Gespräche in Zukunft wieder aufnehmen, steht nicht fest.

Schuster über das GAK-Probetraining

Auch eine Rückkehr nach Österreich war im Winter nicht ausgeschlossen. Ein Probetraining beim GAK unter dem nunmehrigen Ex-Trainer brachte zwar keinen neuen Vertrag, aber immerhin positives Feedback: "Ich kenne Rene Poms, weil wir schon einmal zusammengearbeitet haben, so hat sich diese Gelegenheit ergeben. Ich wurde eingeladen, vor Ort zu trainieren und die Mannschaft kennenzulernen. Mehr war erstmal nicht geplant. Dass der Verein sich für dieses Halbjahr mit anderen Spielertypen verstärken wollte, kann ich nachvollziehen. Ob wir die Gespräche in Zukunft wieder aufnehmen, steht nicht fest." Auch andere österreichische Klubs haben sich gemeldet, die spannendste Option war aber der Wechsel nach Kiel.

"Kiel hat mir genau das geboten, was ich gesucht habe: Spielpraxis, Vertrauen, Wertschätzung. Wir haben hier tolle Anlagen mit einem Top-Trainingszentrum. Auch der Austausch mit den Profis ist gut und sehr nahbar, man läuft sich jeden Tag über den Weg, alle sind im selben Gebäude", berichtet Schuster.

Sofort Führungsspieler

"Hier im Norden ist alles sehr familiär. Der Verein ist stark auf Kontinuität ausgelegt. Es wird nichts überstürzt. Alle im Verein wissen, wer wir sind, was wir machen wollen. Die Ruhe, die ausgestrahlt wird, ist sicher eine große Stärke."

Lion Schuster im Trikot von Holstein Kiel
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Lion Schuster im Trikot von Holstein Kiel

Holstein Kiel II spielt in der viertklassigen Regionalliga Nord um den Klassenerhalt, die sportliche Herausforderung ist sofort groß. "Wir haben viele junge, ambitionierte Spieler im Team. Wie bei jeder jungen Mannschaft passieren natürlich auch Fehler - das gehört in einem Entwicklungsprozess dazu. Jetzt, wo es im Abstiegskampf immer enger wird, ist es wichtig, alles daran zu setzen, Fehler zu vermeiden. Da kann ich meine Erfahrung jetzt einbringen und der Mannschaft so im Abstiegskampf hoffentlich helfen."

Dass er derzeit als einer der erfahreneren Spieler im Kader plötzlich eine Führungsrolle übernehmen muss, stört ihn nicht: "Mir tut das gut. Ich übernehme gerne Verantwortung und wenn ich anderen helfen kann, freut mich das." Auch mit dem zweiten österreichische Kiel-Legionär Benedikt Pichler stand er schon auf dem Platz, der Stürmer half nach einer Verletzung bei der zweiten Mannschaft aus.

Ab Sommer bei den Profis oder in Österreich?

Ambitionen nach oben hat Schuster - trotz vieler Herausforderungen in den letzten Jahren - immer noch: "Ich bin immer noch ein relativ junger Spieler, will mich stetig verbessern und weiter an mir arbeiten. Deswegen war Kiel eine tolle Option, weil ich jetzt wieder in einen Rhythmus komme." 

Laut 'Transfermarkt.at' läuft der Vertrag bei den Norddeutschen vorerst nur für ein halbes Jahr, bis Sommer 2025. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Eine Rückkehr nach Österreich ist nicht ausgeschlossen. Schuster will seine Pläne derzeit nicht verraten, dass eine Verlängerung in Kiel für ihn infrage kommt, hört man aber heraus. Spannend ist natürlich die Perspektive innerhalb des Vereins: Je nach Ausgang des derzeit laufenden Abstiegskampfes spielt Holstein Kiel 2025/26 in der Bundesliga oder 2. Bundesliga. Der Weg zurück nach oben wäre also nicht weit.

VIDEO: Die Talenteschmiede des SK Rapid


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