Der Mann, der das Chaos beim DSV Leoben beenden will
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Der Mann, der das Chaos beim DSV Leoben beenden will

Mark Prey war lange Fußballer, dann beriet er sie. Nach eineinhalb Jahrzehnten als Spielerberater entschied er sich, Manager zu werden – just beim DSV Leoben.

Zum hundertsten Geburtstag im Jahre 2028 möchte der DSV Leoben gerne wieder Bundesliga spielen. Der Klub, für den Walter Schachner, Otto Konrad, Herfried Sabitzer oder Roland Linz gekickt haben und der 1995 als Finalist bei Rapids letztem Cuperfolg seinen größten Vereinsmeilenstein feierte, war letztes Jahr nahe dran. Sportlich landete der Aufsteiger auf Rang vier und im Halbfinale des ÖFB-Cups. Die restlichen Vorkommnisse erklärt die Headline. 

Denn auch das Sportliche kam nicht ohne Aufregung zustande. Aufstiegstrainer Carsten Jancker wurde nach drei Siegen und zwei Niederlagen nach fünf Runden vor die Tür gesetzt. Nachfolger Rene Poms konnte das Ruder herumreißen und die Donawitzer zum Drüberstreuen auch noch ins Halbfinale führen. Poms fühlte sich im Verein nicht wohl, meinte sogar später "Das grenzt an Mobbing". Man einigte sich auf eine einvernehmliche Vertragsauflösung. Danach übernahm wieder Jancker. So viel zum sportlichen Hin und Her.

Keine Zulassung

Aufgrund finanzieller Kriterien und eines Erneuerungsverbots vor dem Ständig Neutralen Schiedsgericht gab es keine Zulassung für die laufende Saison. Sprich: nachgereichte Unterlagen bzw. Geld konnten nicht beachtet werden. Indes tobte eine "Schlammschlacht am Monte Schlacko", wie die Kollegen von LAOLA1 eine Zwarakonferenz im April nannten. Einer der großen Geldgeber geriet in die Negativschlagzeilen.

Der Vorstand trat im Mai komplett zurück und formierte sich neu. Der Verein bekam im Zuge dessen mit Thomas Janeschitz einen Sportchef, dieser und andere verließen den Klub im Herbst nach zweieinhalb Monaten wieder. Was 2023/24 alles passiert ist, ist kaum in aller Kürze aufzuschreiben. 

Der Verein hatte mit der Mission 2028 und dem Aufstieg in die 2. Liga viele Glücksmomente, aber was in diesem Jahr 2. Liga passiert ist, kann und muss man nicht verheimlichen.

Mark Prey

Am Transfermarkt verhielt sich der Klub, als hätte es nie irgendwelche Probleme gegeben. Kevin Friesenbichler wurde gehalten, mit Thorsten Schick und Mario Leitgeb kamen weitere Ex-Bundesligakicker.

Seit kurzem überblickt Mark Prey all diese Dinge und versucht Ordnung hineinzubekommen. Der 38-Jährige ist gebürtiger Linzer, kickte für unter anderem den LASK und Pasching, war seit 2008 bis vor kurzem bei Max Hagmayr als Spielerberater tätig. In Deutschland hat er schon vor einiger Zeit Fußballmanagement studiert und möchte den Verein nun in ruhigere Fahrwasser führen. Keine leichte Aufgabe für den Quereinsteiger.

Zwei Schritte nach vorne, einen Schritt zurück

Das wäre es auch vor Jahren nicht gewesen. 2009 schlitterte der Verein in den Konkurs. Hauptsponsor HFL Hans Linz, ein Finanzberatungsunternehmen, hatte bereits im November 2008 infolge der weltweiten Finanzkrise Konkurs angemeldet, ein Ersatz war nicht aufzutreiben. Damit stieg der Verein ab. Die Steirer hatten zwischen 1956 und 2009 stets einer der höchsten beiden Spielklassen gespielt. Ein Stück Fußballgeschichte ging zu Ende.

Ruhiger wurde es danach auch nicht, es ging bis in die Landesliga runter, wo man zwischen 2017 und 2021 im hinteren Bereich herumdümpelte. Konkurse, Wechsel in Sportlicher- und Klubführung, das mache etwas mit dem Verein und den möglichen Sponsoren. Vor längerer Zeit zerstörtes Vertrauen wieder aufzubauen, das ist nicht nur in Leoben nicht so einfach.

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Alter, neuer Erfolgstrainer Carsten Jancker. Auch so eine DSV-Episode

Im Frühjahr 2021 schickten sich dann neue Personen an, den ehemals so stolzen Werkssportverein aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Die Mission 2028 wurde ausgerufen, sie führte letztlich aber zum jetzigen Zustand. 

Löcher stopfen

Seit knapp zwei Monaten ist Prey nun Manager und in dieser Funktion erst einmal Feuerlöscher. "Der Verein hatte mit der Mission 2028 und dem Aufstieg in die 2. Liga viele Glücksmomente, aber was in diesem Jahr 2. Liga passiert ist, kann und muss man nicht verheimlichen", erzählt er gegenüber 90minuten. Er insistiert aber auch: Das war vor seiner Zeit.

"Im Nachhinein ist man immer g'scheiter", muss er mit Blick auf die Zahlen feststellen. Einige Wirtschaftsunternehmen aus der Region sind zwar Partner, die großen Summen fließen von den zum Teil riesigen Konzernen aber nicht. Dieses Schicksal teilt man sich mit anderen Klubs aus ähnlich großen Städten wie Krems oder Dornbirn. 

Die aktuelle Stimmung rund um den Verein nimmt er dennoch als positiv wahr, sucht aktuell auch Gespräche mit allen Beteiligten, von Fans bis Sponsoren. Das Potenzial in der Gegend gibt es. Zwar sind in der steirischen Nachbarschaft mit Kapfenberg, zwei Grazer Klubs, Hartberg sowie Lafnitz und Voitsberg mehrere Vereine, aber nach Norden hin ist der nächste 2. Liga-Klub aber der SKU Amstetten. Kurz gesagt: Hier positiv in die Zukunft zu blicken, ist nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Die Zulassungsunterlagen hat man jetzt einmal knapp, aber fristgerecht eingereicht. 

Natürlich gibt es die 50+1-Regelungen, aber in der heutigen Wirtschaftslage muss man sowieso über jeden Sponsoreneuro froh sein.

Mark Prey

Investorenfrage

Mit dem aktuellen Kader muss man vorne mitspielen, aber es braucht nun einen Spagat. Im letzten Jahr kam es zu "Fehlkalkulationen", die sich in dieser Saison fortsetzen. Es braucht weiterhin mehr Geld oder Einsparungen, es müssen jedenfalls Löcher gestopft werden, um den angepeilten Aufstieg nicht nur sportlich und infrastrukturell, sondern auch wirtschaftlich zu schaffen. Jetzt warte man auf die Rückmeldung der Bundesliga, Interesse von Investoren oder - wie man heute lieber sagt, "strategischen Partnern" - gebe es auf jeden Fall.  

Das mit dem ist auch so eine Sache. Zunächst einmal will man da wohl noch zuwarten. Im November ist es sportlich noch zu früh, die Unklarheit bei der Zulassung führt nicht dazu, dass sich jemand sofort committen möchte. Auf der einen Seite steht die Möglichkeit, in eineinhalb Jahren gegen Salzburg, Sturm oder Rapid zu kicken. Auf der anderen, dass die Mission 2028 noch dreieinhalb Jahre oder länger dauert.

Prey ist sich aller Vor- und Nachteile eines Investors bewusst: "Natürlich gibt es die 50+1-Regelungen, aber in der heutigen Wirtschaftslage muss man sowieso über jeden Sponsoreneuro froh sein. Bei ehemaligen Sponsoren gab es die eine oder andere Insolvenz, aber das betrifft ja nicht nur unsere Unterstützer. Wenn jemand nun bereit ist, einen namhaften Betrag zu investieren, muss man sich freuen."

Ist der Aufstieg gescheit?

Eine Frage drängt sich aber auf: Wels und die WAC-Amateure, vielleicht Oedt, haben den Willen zum Aufstieg, wobei man bei dem von Franz Grad gepushtem Klub weiß man nie, was wirklich passieren soll. Wäre es da nicht klüger, den anderen den Vortritt zu lassen?

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Wenigstens steht die Infrastruktur einem Aufstieg nicht im Wege

Schließlich war es in den letzten Jahren eher so, dass die 2. Liga Aufsteiger suchte. Ob bei Lafnitz bei einem Abstieg das 2. Liga-Licht nicht ganz ausgeht und wie viel Durchhaltevermögen man bei Voitsberg hätte, ginge es gleich wieder runter, muss man ein bisschen anzweifeln. 

Das sieht er aber anders, bemisst die Möglichkeiten eines mit einem Risiko verbundenen Aufstiegs gegenüber einem Verbleib für ein oder zwei weitere Jahre höher: "Klar, ich kann bzw. sollte nicht mehr ausgeben, als ich einnehme. Aber ein Klub wie wir hat in der 2. Liga schon deutlich mehr finanzielle Möglichkeiten. Die Sponsoren haben mehr Sichtbarkeit, die Spieltagseinnahmen steigen und die Transfererlöse sind höher als in der Regionalliga, wo man eigentlich außer der Ausbildungsentschädigung so gut wie nichts bekommt."

Konkrete, ruhige Gespräch

Derzeit deutet viel darauf hin, dass ein Investor, dem auch andere Fußballvereine gehören, Teil der Mission 2028 wird. Aber auch hier gilt: Vorsicht. Der neue Manager liest ja auch Zeitung, weiß, was es über die Jahre hinweg schon gegeben hat, von großen Ankündigungen blieb da oftmals wenig übrig. Was es dann kurzfristig wird, um die Zulassung zu bekommen, werde sich erst weisen. 

Er ist von Leoben überzeugt: "Du hast jetzt im Endeffekt eine Möglichkeit, einen schlummernden Riesen um viel geringere Kosten als bei einem Bundesligisten mitzugestalten." Und egal ob mit klassischen Sponsoren, strategischen Partnern oder Investor, die Zeit wird zeigen, ob das alles gelingen kann.

Prey hofft jedenfalls darauf, dass das Chaos beim DSV Leoben nun endlich ein Ende hat. Einen kleinen Teilerfolg kann der ehemalige Spielerberater schon einmal verzeichnen: "Es ist ein bisschen Ruhe eingekehrt, es wird aktuell weniger negativ über uns berichtet."


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