Österreichs Fußball-Nationalteam bekommt es am 20. und am 23. März im Nations-League-Playoff mit Serbien zu tun - Beide Spiele im LIVE-Ticker >>>
Wir haben die Fakten erhoben, wer als Stammspieler zum Nations-League-Showdown gegen Serbien anreist und wer sich mit der Rolle des Ergänzungsspielers herumschlägt. Erstaunlich: So manche Stützen des Nationalteams haben bei ihren Klubs mehr als 40 Prozent weniger Spielzeit als im Nationalteam. Es gibt aber auch Positiv-Beispiele.
Losgetreten wurde die Diskussion von Ralf Rangnick selbst. Mit Blick auf die Situation von Marcel Sabitzer bei Borussia Dortmund meinte der Teamchef vor etwa drei Wochen: "In den knapp drei Jahren, in denen ich Teamchef bin, hat er immer performt und zu den Leistungsträgern gezählt. Wenn du ihn jetzt in Dortmund spielen siehst, ist er fast nicht wiederzuerkennen."

Eine knallharte Analyse, die sich leicht mit Zahlen belegen lässt: In den sechs Nations-League-Spielen im Herbst besorgte der Mittelfeld-Stratege zwei Tore und zwei Assists. In den insgesamt 34 Einsätzen für den BVB in Liga, Pokal und Champions League in dieser Saison steht dagegen überall die null! Unglaublich für einen Mann seiner Klasse.
Rangnick wollte zwar mit seiner Aussage in erster Linie den BVB und dessen Entwicklung kritisch beleuchten. Aber die Frage steht im Raum: Wie gut performen die ÖFB-Teamspieler bei ihren – teils namhaften – Klubs wirklich? Sind sie Stammspieler oder Mitläufer? Unverzichtbare Größen oder Back-ups? Fragen, die schon seit der Ära Marcel Koller (2011 bis 2017) immer wieder aufpoppen.
Der Schweizer stand immer in Nibelungentreue zu seinen Spielern, auch wenn diese bei ihren Klubs monatelang auf der Bank saßen. Damals wurde der Begriff "Sanatorium ÖFB" geprägt, weil sich die Spieler in rot-weiß-roten Gefilden von den Malaisen bei ihren Vereinen erholen konnten. Doch wie stellt sich die Lage aktuell dar?
Klub | Startelf-Einsätze Klub (/Anzahl mögliche Spiele) | Einsatzzeit Klub in % aller möglichen Minuten | Startelf-Einsätze ÖFB | Einsatzzeit ÖFB in % | Abweichung Klub / ÖFB | |
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Nicolas Seiwald | RB Leipzig | 17/37 | 57,18 | 6/6 | 100 | -42,82% |
Stefan Posch | Bologna / Atalanta | 18/39 | 47,07 | 6/6 | 95,18 | -48,11% |
Konrad Laimer | Bayern München | 20/39 | 48,11 | 6/6 | 91,48 | -43,37% |
Romano Schmid | Werder Bremen | 26/29 | 89,04 | 6/6 | 85,37 | +3,67% |
Marcel Sabitzer | Borussia Dortmund | 26/38 | 67,43 | 5/6 | 83,33 | -15,9% |
Philipp Lienhart | SC Freiburg | 24/28 | 86,35 | 5/6 | 83,33 | +3,02% |
Christoph Baumgartner | RB Leipzig | 21/37 | 54,57 | 5/6 | 79,81 | -25,24% |
Patrick Pentz | Bröndby IF | 25/28 | 89,29 | 4/6 | 66,66 | +22,63% |
Alexander Prass | TSG 1899 Hoffenheim | 23/36 | 60,96 | 4/6 | 66,66 | -5,7% |
Phillipp Mwene | Mainz 05 | 27/27 | 95,51 | 4/6 | 65,47 | +30,04% |
Marko Arnautovic | Inter Mailand | 5/41 | 14,69 | 3/6 | 52,04 | -37,35% |
Patrick Wimmer | VfL Wolfsburg | 18/29 | 55,33 | 3/6 | 46,68 | +8,65% |
Alexander Schlager | Red Bull Salzburg | 19/37 | 51,53 | 2/6 | 33,33 | +18,2% |
Maximilian Wöber | Leeds United | 3/39 | 10,54 | 2/6 | 33,33 | -22,79% |
Gernot Trauner | Feyenoord Rotterdam | 15/39 | 38,37 | 2/6 | 26,11 | +12,26% |
Michael Gregoritsch | SC Freiburg | 6/28 | 23,21 | 1/6 | 21,85 | +1,36% |
Aufgeführt sind die 16 Spieler, die unter Ralf Rangnick in den 6 Partien der Nations League im vergangenen Herbst die meisten Einsatzminuten bekommen haben. Die Vergleichswerte beim Klub beziehen sich auf alle bewerbsübergreifenden Spiele der Saison 2024/25. (Stand: 10. März 2025)
Krasse Situation bei Seiwald und Baumgartner
Am krassesten ist die Lage wohl bei den Akteuren, die bei RB Leipzig unter Vertrag stehen. Nicolas Seiwald und Christoph Baumgartner sind dort alles andere als verlässliche Stützen, die an jedem Wochenende die Kohlen aus dem Feuer holen. "Im Vergleich zu den Auftritten im österreichischen Nationalteam sind sie in Leipzig nur Schatten ihrer selbst", sagt Guido Schäfer, meinungsfreudiger RB-Chefreporter für die Leipziger Volkszeitung.
In Zahlen ausgedrückt: Während Seiwald unter Rangnick seit mehr als zwei Jahren nicht eine einzige Sekunde verpasst hat, steht er bei RB in weniger als der Hälfte der Spiele in der Startelf. Und absolviert insgesamt nur 57 Prozent aller möglichen Minuten (siehe Statistik).
"Viele fragen sich mittlerweile, warum RB die Beiden geholt hat."
Auch bei Baumgartner schaut es nicht besser aus: Er kommt auf 21 Startelf-Einsätze und 54 Prozent Spielminuten. Kein Vergleich zu seiner Situation im Nationalteam, wo er eine Art Stammplatzgarantie hat. "Viele fragen sich mittlerweile, warum RB die Beiden geholt hat", sagt Schäfer, der gleichzeitig betont, beide Spieler nicht nur für starke Typen, sondern auch für herausragende Fußballer zu halten.
"Aber sie bringen hier ihre PS einfach nicht auf die Straße und man fragt sich, woran es liegen kann. Nur daran, dass sie hier nicht so das Vertrauen des Trainers genießen wie bei Ralf Rangnick? In Hoffenheim war Baumgartner ja einer der besten und torgefährlichsten Mittelfeldspieler der ganzen Bundesliga."
"Streber" Laimer und die Backup-Rolle
Auf noch höherem Vereins-Niveau als Seiwald und Baumgartner spielt Konrad Laimer beim FC Bayern. Auch seine Situation dort ist speziell. Mit 20 von 39 möglichen Einberufungen für die Startelf kommt er im Schnitt nur bei jedem zweiten Spiel von Beginn an zum Zug, sein Anteil an den Spielminuten ist um 43 Prozent niedriger als beim ÖFB-Team. Bei ihm ist die Tendenz allerdings steigend, seit er sich als Backup des lange verletzten Josip Stanisic auf der Position des Rechtsverteidigers festgespielt hat.
"Er gehört spielerisch nicht zum Top-Level, besticht aber durch seine unglaubliche Laufstärke und seinen Ehrgeiz. Ein Streber im besten Sinne des Wortes, der sich immer verbessern und immer sein Bestes geben will", sagt Karl-Heinz Wild, viele Jahre lang Chefreporter beim "kicker" und mittlerweile pensioniert.

Als Stammspieler auf seiner geschätzten Sechser-Position, die er im Nationalteam bekleidet, sieht ihn Wild beim FC Bayern nicht. Selbst dann nicht, wenn Joshua Kimmich entgegen der aktuellen Tendenz doch noch den Verein verlassen sollte. "Der Klub setzt dort auf Aleksandar Pavlovic, und Leon Goretzka ist ja auch noch da. Da bleibt für Laimer nur die Backup-Rolle."
Kann er mit dieser leben, hält Wild den 27-Jährigen durchaus für einen wichtigen Bayern-Spieler. "Uli Hoeneß schätzt Arbeiter wie ihn, und es ist doch keine Schande, so einen Part bei einem Verein wie den Bayern zu spielen. Wenn er aber den Anspruch hat, 50 Spiele in der Saison von Anfang an zu spielen, müsste er sich einen anderen Klub suchen."
Tor-Monster Arnautovic trifft alle 108 Minuten
Das hat Stefan Posch bereits getan. Der derzeit verletzte Verteidiger kam in Bologna nicht wie gewünscht zum Zug und übersiedelte zu Atalanta Bergamo, wo er sich in die Stammelf spielte, ehe ihn eine Muskelverletzung ausbremste. Bei ihm ist die Differenz an Spielzeit zwischen Klub auf der einen und Nationalteam auf der anderen Seite mit fast 50 Prozent am größten.
Bemerkenswert ist auch die Lage bei seinem Italo-Kumpel Marko Arnautovic. Für das österreichische Team in 52 Prozent aller Nations-League-Minuten eingesetzt, liegt dieser Wert bei Inter bei unter 15 Prozent.

Dafür ist seine Tor-Quote für die Nerazzurri gigantisch: In nur 542 Minuten gelangen ihm in Serie A, Champions League und Coppa Italia fünf Tore, das sind alle 108 Minuten ein Treffer. Davon können viele Stürmer nur träumen. Man muss aber kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Zeit des 35-Jährigen in San Siro abgelaufen ist.
Mwene, Schmid und Lienhart als Positiv-Beispiele
Es gibt aber durchaus auch positive Beispiele von Spielern, die mit breiter Brust ins Teamcamp anreisen, weil sie bei ihren Vereinen tragende Rollen innehaben. Phillipp Mwene zum Beispiel, der bei Sensationsteam Mainz 05 mehr als 95 Prozent aller Minuten absolvierte. Kult-Trainer Bo Henriksen würde eher den Karneval absagen als auf den Außenverteidiger zu verzichten.
Das Gleiche gilt für Ole Werner bei Werder Bremen, der, genau wie Ralf Rangnick, auf die Mittelfeld-Dienste von Romano Schmid setzt. Auch Freiburgs Philipp Lienhart gehört da wie dort zum Stammpersonal, wobei die Karten in der Innenverteidigung mit der Rückkehr von Kapitän David Alaba neu gemischt werden.
Man mag sich gar nicht vorstellen, auf welchem Niveau das ÖFB-Team unter Rangnick performen könnte, wenn alle Spieler bei ihren Klubs so gefragt wären.