Es wird heiß: Nicht nur der Sommer zeigt sich in diesen Tagen noch einmal so richtig von seiner besten Seite mit Temperaturen von bis zu 33 Grad bis zum Ende der Woche. Auch beim ÖFB bringt ein Thema die verantwortlichen Funktionäre möglicherweise ins Schwitzen.
Denn wie 90minuten exklusiv in Erfahrung bringen konnte, gab es bei der vergangenen ÖFB-Präsidiumssitzung im Juni eine Abstimmung mit möglicherweise folgenschweren Auswirkungen: Mit einer knappen 7:5-Mehrheit stimmte das ÖFB-Präsidium für die Kündigung des seit 2016 gültigen Vertrags mit der Bundesliga, der den Direktaufstieg aus der Regionalliga regelt. In ebendiesem Vertrag ist zudem festgehalten, dass im Gegenzug der ÖFB dafür die Kosten für die Schiedsrichter in der ADMIRAL 2. Liga in der Höhe von rund 600.000 Euro pro Jahr übernimmt. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre – somit endet die aktuelle Vereinbarung mit Ende der Saison 2025/26.
Für die Auflösung des Vertrags stimmten die Verbände aus Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und Wien sowie ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer selbst, wie im Protokoll der Sitzung vermerkt ist. Der Kärntner Fußballverband enthielt sich der Stimme, die drei Vertreter der Bundesliga sowie Johann Gartner (Niederösterreich) und Georg Pangl (Burgenland) stimmten gegen die Auflösung.
Der Direktaufstieg in Österreich ist eine heilige Kuh, die ich nicht verstehe.
Dabei stand die Abstimmung über die Kündigung des Vertrags gar nicht auf der Tagesordnung der Sitzung, sondern wurde im Rahmen des Berichts des ÖFB-Präsidenten Mitterdorfer erst zum Thema gemacht. Dazu muss man wissen, dass sich der ÖFB vor wenigen Monaten endlich dazu durchgerungen hat, im Rahmen einer Arbeitsgruppe die dritte und vierte Leistungsstufe zu evaluieren – und das ergebnisoffen und ohne Scheuklappen. Die Arbeitsgruppe hat nun im August erstmals getagt, im September folgt der zweite Termin.
"Der Direktaufstieg ist kein Grundrecht"
"Der Direktaufstieg in Österreich ist eine heilige Kuh, die ich nicht verstehe. Es ist kein Grundrecht und wurde auch in den vergangenen Jahren in der Realität nicht mehr genützt", erklärt etwa Oberösterreichs Fußballverbandpräsident Gerhard Götschhofer im Gespräch mit 90minuten. Götschhofer war eine von jenen sieben Personen, die für die Auflösung des Vertrags gestimmt haben.
Sein Stimmverhalten begründet er so: "Nachdem ich nicht weiß, wie die Anforderungen an einen Direktaufstieg in zwei Jahren sein werden, habe ich auch für die Kündigung gestimmt. Wir sind deswegen aber nicht von der Bundesliga getrennt, sondern reden über eine neue Lösung. Durch die eingesetzte Arbeitsgruppe ist es möglich, dass sich in der Struktur etwas ändert, daher war die Kündigung ein nachvollziehbarer Schritt, und die Übernahme der Kosten für die Schiedsrichter gehört eben zu diesem Paket dazu", meint der Oberösterreicher, der ergänzt: "Soweit ich höre, sind auch die Bundesliga-Vereine nicht ganz unglücklich, weil es eben jetzt die Möglichkeit gibt, neue Varianten zu diskutieren."
Könnte es für den ÖFB künftig teurer werden? "Kann sein'"
Ebenfalls für eine Auflösung des Vertrags gestimmt hat Wolfgang Bartosch, Präsident des Steirischen Fußballverbandes. "Ich habe für eine Kündigung des Vertrages gestimmt, um eine Diskussion über das Ligenformat zu ermöglichen. Derzeit ist der Direktaufstieg aller drei Regionalligen an das Format der 16er-Liga geknüpft. Solange wir als ÖFB an diesem Direktaufstieg festhalten, hat die Liga keine Bereitschaft gezeigt, von einer 16er-Liga abzugehen." Natürlich gehe es für Bartosch dabei aber auch darum, wer künftig die Kosten von 600.000 Euro für die Schiedsrichter tragen wird. "Das war aber keine Motivation, den Vertrag zu kündigen", so der Steirer.
Die neue Arbeitsgruppe des ÖFB soll hier nun Bewegung reinbringen. "Die Praxis der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass man nicht immer drei Aufsteiger findet. Es wird immer schwieriger. Daher ist der aktuelle Vertrag nicht mehr sinnvoll und ich habe für die Kündigung gestimmt." Könnte es auch sein, dass der neue Vertrag für den ÖFB teurer wird als bisher? Bartosch: "Das kann natürlich sein, aber wie schon erwähnt steht für mich die Diskussion über den Übergang zwischen dritter und zweiter Leistungsstufe im Vordergrund."
"Der Direktaufstieg ist immer besser"
Der niederösterreichische Verbandspräsident Johann Gartner hat gegen die Kündigung des Vertrages votiert. Aus zweierlei Gründen, wie er im Gespräch mit 90minuten sagt: "Der Direktaufstieg ist immer besser, weil wenn man Meister wird, kann man für die nächste Saison planen. So bleibt immer eine Unsicherheit und man verliert drei Wochen in der wichtigen Vorbereitung", argumentiert der Niederösterreicher.
Und auch aus taktischer Sicht findet er die Kündigung nicht sinnvoll: "Ich verlasse nicht gerne das Ufer, wenn ich das andere Ende nicht kenne." Gartner führt aus: "Wenn ich gerade in einem Prozess bin bzgl. der Evaluierung der dritten Leistungsstufe und das Endergebnis nicht kenne, welchen Sinn macht es, wenn ich den Vertrag kündige? Was, wenn das Ergebnis für den ÖFB dann schlechter wird als vorher? Man hätte sich noch immer nach dem Ende der Evaluierung einvernehmlich auf einen neuen Vertrag einigen können."
"Nur noch zwei Absteiger aus der ADMIRAL 2. Liga"
Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer meint auf Anfrage von 90minuten zur Kündigung des Vertrags: "Stand jetzt gibt es ab der Saison 2026/27 nur mehr zwei Absteiger aus der 2. Spielklasse in die 3. Spielklasse. Wichtig ist, dass dieser Vertrag im Jahr 2016 ein wichtiger Eckpfeiler für das beschlossene Ligenformat war. Neben dem Direktaufstieg aus den Regionalligen inkludiert der Vertrag auch die Übernahme der Schiedsrichterkosten in der ADMIRAL 2. Liga durch den ÖFB, was eine wichtige finanzielle Unterstützung im Übergang zwischen Amateur- und Profifußball darstellt."
Daher habe diese Kündigung, so Ebenbauer, auch auf den in der Bundesliga geführten Evaluierungsprozess zum aktuellen Ligenformat Auswirkungen. "Die für Juni geplanten Entscheidungen wurden verschoben und es laufen die Gespräche mit dem ÖFB über die zukünftige Ausrichtung. Mit Blick auf die bevorstehende Ausschreibung der medialen Rechte ab der Saison 2026/27 braucht es diesbezüglich Entscheidungen bis Ende 2024."
Über die Gründe, warum es im ÖFB-Präsidium eine Mehrheit für das Ende des Vertrags gegeben hat, will Ebenbauer nichts öffentlich sagen. Der Bundesliga-Vorstand blickt bereits in die Zukunft: "Für die ADMIRAL 2. Liga haben wir bereits in der vergangenen Saison unsere Hausaufgaben gemacht und das Ligenformat evaluiert. Wir hätten damals angeregt, dass auch die 3. Spielklasse gleich in diese Evaluierung miteinbezogen wird, was damals abgelehnt wurde."
Ebenbauer hofft nun, dass die im Sommer eingesetzte Kommission nun rasch zu Ergebnissen kommt, "damit neben dem sportlichen Format auch die Rahmenbedingungen feststehen, wie der Übergang zwischen Amateur und Profifußball am besten, vor allem auch wirtschaftlich, funktionieren kann."
"Querdenken ist erwünscht"
Und was sagt ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer selbst zur Kündigung des Vertrags? "Es geht ja nicht darum, die Zusammenarbeit mit der Bundesliga aufzukündigen, sondern einen neuen, gemeinsamen Vertrag aufzusetzen, und sich auch anzusehen, wie das andere Länder machen", so Mitterdorfer.
"Die Arbeitsgruppe soll diesen Prozess offen angehen, querdenken ist erwünscht. Wir wollen eine Regelung, die sportlich und wirtschaftlich sowie auch für die Fans attraktiv ist", so der Kärntner gegenüber 90minuten. So soll mit Nachdruck und sehr zeitnahe eine Entscheidung herbeigeführt werden. Die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe findet bereits am 13. September statt.
Und natürlich gehe es auch um die Finanzen. "Auch für das Thema der 600.000 Euro wird man Lösungen finden müssen, und man muss dabei natürlich auch Verständnis für die Sichtweise der Bundesliga haben."
Die Zeit drängt
Eile ist jedenfalls geboten, denn die Bundesliga will Anfang 2025 den Prozess rund um die Neuausschreibung der medialen Rechte starten. Grundbedingung dafür ist, wie das Ligenformat künftig aussehen wird. Daher muss die Arbeitsgruppe des ÖFB bis Ende dieses Jahres zu einem Ergebnis kommen, das dann auch im ÖFB-Präsidium eine möglichst breite Mehrheit findet.