Guter Plan, mangelhafte Ausführung
Marcel Koller hat seine Hausaufgaben im Vorfeld erledigt und dem Team einen guten Plan für das Spiel gegen Moldawien mitgegeben. Die Ausführung war jedoch mangelhaft, daher reichte es "nur" zu einem knappen 2:1-Sieg, der vor allem Ende auf der Kippe stand
Teamchef Marcel Koller wehrte sich im Vorfeld der Auwärtspartie vehement gegen den Ausdruck „Pflichtsieg", den viele Journalisten in den Raum warfen. Ob es an der persistenten Auswärtsschwäche des Nationalteams lag oder am üblichen Tiefstapeln, um die typisch österreichische Erwartungshaltung nicht noch mehr zu befeuern, ist nicht übermittelt. Jedoch muss auch dem Teamchef in seiner Gegeneranalyse aufgefallen sein, dass man auf keinen übermächtigen Gegner treffen würde. Einem Gastgeber, der unserem Team vorrausichtlich mit einem sehr konservativen 4-4-1-1, einfachem Mittelfeldpressing und großen Problemen im Umschaltspiel erwarten würde. Im ersten Quali-Spiel gegen Montenegro musste das Team aus Moldawien alleine in den ersten zehn Minuten vier Schüsse zulassen. Eine Mannschaft, vor der man nicht in Ehrfurcht erstarren muss.
Dementsprechend früh konnte die österreichische Mannschaft auch Druck auf den Gegner ausüben. Dieser agierte erstmals mit einer 5er-Kette und versuchte so im Abwehrzentrum Überzahl zu schaffen. Unser Team war wie gewohnt mit einer 4er-Kette im 4-2-3-1 unterwegs, welche im Spielaufbau zu einer 3er-Kette umfunktioniert wurde.
Dragovic übernimmt Hintereggers Aufgabe
Hier gab es bereits die ersten Änderungen im Vergleich zum Spiel gegen Schweden. Nominell rückte Prödl für den angeschlagenen Hinteregger nach, ersetzte diesen aber nicht 1zu1. Viel mehr war es Dragovic, der dessen Part übernehmen sollte. Gegen Schweden hielt sich dieser nämlich noch mit dem Spielaufbau stark zurück und überließ den ersten Pass aus der Abwehr heraus Hinteregger. In diese passive Rolle von Dragovic schlüpfte nun Prödl. Abgesehen von einem missglückten Diagonalpass in Minute 33 wurde jeder Ball kurz weitergegeben, entweder zu Partner Dragovic, Außenverteidiger Klein oder zum abkippenden Sechser. Dieser lässt sich bekanntlich zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, um mit ihnen eine 3er-Kette zu bilden. Das ermöglicht nicht nur einen besseren Spielaufbau, sondern gibt den Außenverteidigern die Möglichkeit weit aufzurücken. War es gegen Schweden noch meistens Alaba der den abkippenden Sechser mimte, so war gegen Moldawien vor allem in der Anfangsphase oft Julian Baumgartlinger in dieser Rolle zu finden.
Abb. 1 - Baumgartlinger lässt sich fallen, Fuchs und Klein (Kreise) können weit aufrücken, stellen den Gegner vor Probleme. Durch die schwarzen Linien ist der sehr breite Zwischenlinienraum des Gegners gekennzeichnet.
In der Konstellation kam schnell das Fehlen von Hinteregger zum Vorschein, weshalb mit zunehmender Spieldauer immer öfter wieder Alaba in diese Rolle rutschte. Moldawien spielte hierbei ein sehr konservatives Mittelfeldpressing und kam zu keinem Zeitpunkt auf die Idee, Baumgartlinger in der Rolle als Ballverteiler unter Druck zu setzten. Generell agierte Österreich im Spielaufbau sehr variabel: nicht nur, dass beide Sechser sich abwechselnd fallen ließen, auch die Positionen in der 3er-Kette wurden oft getauscht. Dabei fand sich vor allem Alaba dann oft in derselben Position wieder die er auch bei den Bayern bekleidet; links hinten in der 3er Kette.
Abb. 2 - Alaba als linker Innenverteidiger
Das Fehlen von Hinteregger machte sich trotzdem bemerkbar. Das Nationalteam verfolgte zwar richtigerweise den Plan aus der 3er-Kette direkt in den Raum zwischen 5er-Abwehrkette und Mittelfeld zu spielen (siehe Abb.1 durch schwarze Linien markiert), und konnte dadurch dem biederen Mittelfeldpressing der Moldawier auch Großteils entgehen, viele Angriffe konnte man dadurch aber nicht vortragen. Nur zweimal konnte man auf diese Weise einen Angriff starten. Bei den Abständen, welche die Moldawier zuließen, hätte mehr rausschauen müssen. Auch wenn Alaba dabei in seine Paraderolle schlüpfte.
Generell war ein sehr starker Linksfokus bei Alaba zu erkennen. Seine Rolle ähnelte erstaunlich jener, die er bei den Bayern einnimmt. Man sah ihn oft am linken Flügel ausweichen, wo er dann sehr viel Platz vorfinden konnte.
Abb3.: Alaba als Linksaußen
Das dürfte auch Marcel Kollers Überlegung gewesen sein, als er Arnautovic auswechselte und dafür Alaba auf den linken Flügel ausweichen ließ. Die Flügel der Moldawier waren nämlich wie schon gegen Montenegro mehr als nur entblößt. Die Außenverteidiger, allen voran Jardan, ließen sich recht leicht durch Sabitzer bzw. Harnik und Arnautovic aus der Abwehrkette rauslocken, was viel Platz für Klein und Fuchs dahinter eröffnete. In weiterer Folge standen die drei Innenverteidiger immer sehr eng, der Abstand zu den Außenverteidigern wurde noch größer. In diese Lücken konnten die Österreicher spielend leicht rein, vor allem Arnautovic kam so sehr stark zur Geltung.
Abb. 4 - In der 1. Häflte standen die 3 Innenverteidiger noch recht luftig, trotzdem klafft eine Lücke zum Außenverteidiger. Arnautovic (Kreis) kann hineinstoßen und findet so oft viel Platz vor.
Arnautovics Auswechslung und die Umstellung von Alaba auf den linken Flügel hatte also seine berechtigten Gründe, war jedoch trotzdem fast der Game-Killer für Österreich. Ohne Alaba im Zentrum verlor man weitestgehend die Kontrolle über das Spiel. Der Plan mit Alaba am Flügel die Lücken der Moldawier auszunutzen und dadurch Janko einzusetzen, war spätestens nach dessen leichtsinnigen Platzverweis gescheitert. Der eingewechselte Stabilisator Leitgeb musste nach Jankos Platzverweis zusätzlich noch den Aushilfsstürmer mimen, was schlussendlich zu einer sehr wackeligen Schlussphase führte.
Der Gegner versuchte seine gravierenden technischen Mängel so gut es ging zu kaschieren, weshalb jeder Ball schnell aus dem eigenen Drittel rausgeschossen wurde; dabei war es nicht wichtig, ob sich Stürmer Picusciac überhaupt schon in der gegnerischen Hälfte positionieren konnte.
Besonders offensichtlich wurden die technischen Mängel dann, wenn die Moldawier gezwungen waren, das Spiel einmal ohne weiten Ball aufzubauen. Die Österreicher agierten da mit einem einfachen 4-4-2 gegen den Ball. Und Junuzovic und Janko konnten zweimal spielend leicht den Gegner zum Ballverlust zwingen.
Abb.5 - Ball kommt auf Außen, Janko macht den Rückweg zu, Junuzovic läuft im großen Bogen an und nimmt den Mann hinter sich dadurch auch aus dem Spiel. Schon kommt es zum Ballverlust für Moldawien.
Hier war vor allem jeder Rückpass ein Trigger für die Offensivspieler, um den Gegner sofort anzulaufen und unter Druck zu setzen. Wie einfach es sogar in Unterzahl gehen kann, zeigten dann Alaba, Leitgeb und Harnik in der Schlussphase, als sie zu dritt die Hintermannschaft der Moldawier düpierten.
Hinzu kam die bereits im Vorfeld erwartete Schwäche im Umschaltspiel bei den Gastgebern. Gegen Montenegro wurden alleine in der ersten Halbzeit zehn von 12 vielversprechenden Ballgewinnen, postwendend wieder verloren. Das war gegen Österreich nicht ganz so schlimm, aber Grund genug für die Mannschaft, leichte Ansätze des Balljagens nach Ballverlust (Gegenpressing) zu zeigen. So konnte man viele Konter unterbinden und hätte bei konsequenterer Ausführung sogar mal einen Konter der Moldawier selber kontern können.
Abb. 6 – Ansätze des Gegenpressings, wenn auch am Flügel
Fazit: Der Plan hat gestimmt
Der Plan hat auch dieses Mal gestimmt, die Ausführung war aber eher mangelhaft. Der Zwischenlinienraum der Gastgeber war ein ums andere Mal entblößt, und trotzdem konnten die Österreicher daraus keinen Profit schlagen. Ob dies mit dem Fehlen von Hinteregger zusammenhängt sei dahingestellt. Positiv war die Variabilität, welche die vier Innenverteidiger bzw. Sechser an den Tag legte, um so die Moldawier doch noch zu knacken. Durch ihre Schwächen im Umschaltspiel und Lücken am Flügel konnten die Österreich oft in das letzte Drittel kommen. Doch vor allem über Arnautovics Flügel hätte bei so viel Platz mehr herausschauen müssen. Jedoch bleibt es dabei: taktisch sind die Mannen von Teamchef Koller auf einem sehr guten Weg.