Sturms Plan geht gegen schwache Salzburger auf [Spiel-Analyse]

Zum zweiten Mal in dieser Saison gewinnt Sturm Graz gegen Red Bull Salzburg. Für den amtierenden Meister war es die vierte Liganiederlage. Mit hohem Pressing und einer kreativen Standardsituation konnten die Grazer die Gäste bezwingen.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Seit der Saison 2017/18 ist der SK Sturm Graz das erste Team, dass den FC Red Bull Salzburg zwei Mal in einer Saison besiegen konnte - mit einem klaren Plan. Wie gewohnt spielten die Grazer in einer 4-1-2-1-2-Formation. Im Vergleich zur Niederlage gegen den Wolfsberger AC gab es einige Änderungen in der Startelf. Tobias Schützenauer musste statt dem gesperrten Jörg Siebenhandl in das Tor. Sandro Ingolitsch startete statt Jusuf Gazibegovic und auch auf der Sechserposition gab es einen Wechsel. Lukas Jäger begann auf im zentralen Mittelfeld und Ivan Ljubic rückte auf die Zehn. Auf der Stürmerposition spielte Kelvin Yeboah statt Bekim Balaj.

Auch bei den Salzburgern gab es einige Veränderungen. Oumar Solet spielte in der Innenverteidigung statt Andreas Ulmer und Albert Vallci rückte auf die linke Außenverteidigerposition. Des Weiteren starteten sehr viele junge Spieler aus dem Nachwuchs der roten Bullen: Luka Sucic, Nicolas Seiwald und Karim Adeyemi waren in der Startelf.

 

Grazer Spielplan geht voll auf

Von Beginn an presste Sturm Graz die Salzburger in deren Spielaufbau an. In einer 4-Raute-2-Formation wurden die Abwehrspieler früh unter Druck gesetzt und so wurde die erste Aufbauline immer wieder vor große Probleme gestellt. Durch das hohe Anlaufen kamen die Salzburger auch nur selten in längere Ballbesitzphasen und mussten mehrfach von der ersten Aufbaulinie hohe Bälle nach vorne schlagen.

Salzburg baute oft in einer situativen Dreierkette auf, da Vallci als Außenverteidiger nicht so hoch agierte. Auch hier wurde der Aufbau von den Grazer immer wieder auf seine Seite geleitet, da sein starker Fuß der Rechte ist. Dadurch kamen Pässe mit dem linken Fuß nicht immer genau an oder es kostete dem Salzburg Zeit den Ball extra auf den rechten Fuß zu legen. Da die Salzburger in einer 4-2-2-2-Formation spielten, gab es in der Zentrale meistens zwei Spieler, die von der ersten Aufbaulinie angespielt werden konnten. Hier wurde vom Grazer Zehner der ballnahe Sechser zugestellt, sodass der ballferne Mittelfeldspieler meistens nur durch einen Chipball angespielt werden konnte. Jedoch war dies nie der Fall, da der Ballführende sehr oft unter großen Druck stand und der ballferne Sechser auch durch den Achter unter Druck gesetzt werden konnte. Hier ein Beispiel einer Pressingsituation der Grazer zur Veranschaulichung. (Abbildung 1)

Im Spielaufbau agierten die Grazer in einer Viererkette, wobei Stefan Hierländer oder auch Jäger manchmal in die Abwehrreihe abkippten. Damit sorgten sie nicht nur für eine Überzahl in der ersten Aufbaulinie, sondern die Außenverteidiger konnten auch weiter hoch rücken. Kippte Jäger ab, so bewegte sich Hierländer auf die Sechserposition, um für die Abwehrspieler in der ersten Ebene eine Anspielstation zu sein.

Zu Beginn versuchten sie viel über die Außenverteidiger zu spielen, jedoch war der Pass auf den Flügel der Pressingtrigger der Salzburger. Dadurch war vor allem Dante in den ersten Minuten oft in Drucksituationen. Dort konnte RBS auch den Ball einige Male erobern. Sturm Graz reagierte auf diese Ballverluste und die Innenverteidiger spielten bereits hohe Bälle auf den Stürmer.

In der zweiten Halbzeit gab es kaum noch hohe Pressingphasen der Grazer. Zum einen merkte man, dass das hohe Angriffspressing kräfteraubend war und vor allem einige Einwechslungen in den zweiten 45 Minuten eher defensiver waren. Salzburg hatte zudem in der zweiten Halbzeit mehr Ballbesitz, auch in der gegnerischen Hälfte. Christian Ilzer versuchte daraufhin, vor allem das Mittelfeld und den Zwischenlinienraum vom Mittelfeld und der Abwehr so eng wie möglich zu halten. So kam es vermehrt zu einer 4-5-1 Formation gegen Ende des Spieles. Nur in einzelnen Pressingphasen gab es wieder die gewohnte 4-Raute-2 Formation.

 

Ein Standard bringt das 1:0

Den Führungstreffer konnten die Grazer nach einer kreativen Standardsituation erzielen. Bei Ecken und Freistößen in der Nähe des Strafraumes können die Spieler und das Trainerteam ihre Kreativität freien Raum lassen und viele ungewöhnliche Sachen ausprobieren. Beim 1:0 gab es jedoch nur ein paar kleine Dinge, die schon für viel Raum im Strafraum sorgten. (Abbildung 2)

Bevor die Ecke getreten wurde, muss man auf die Positionen der einzelnen Spieler achten. Zunächst fällt auf, dass vier Spieler bei der zweiten Stange in eine Linie stehen und RB Salzburg eine Mischung aus Raum- und Manndeckung wählte. Des Weiteren war auffällig, dass ein Spieler beim Tormann stand und die Strafraumgrenze mit vier Spielern besetzt wurde. Sturm konnte dies so durchführen, da alle Salzburger Spieler im eigenen Strafraum waren. Die Positionen an der Strafraumgrenze dienten dazu, dass einige Spieler von der Mitte herausgezogen wurden und eine Konterabsicherung gegeben war. In diesem Fall waren es zwei.

Nun die Laufwege der Spieler: Zwei Spieler von den vier bei der zweiten Stange liefen auf die erste zu. Auch der Grazer, der zunächst beim Tormann stand, rannte zur ersten Stange. Dadurch wurden beinahe alle Spieler der Verteidiger auf die erste Stange gezogen. Das ermöglichte Jakob Jantscher mit dem Rist eine scharfen Ball zur zweiten Stange zu spielen. Hierländer startete von der Strafraumgrenze dorthin und konnte mit dem ersten Kontakt den Ball wieder in die Mitte spielen. Da der Mittelfeldspieler nicht direkt gedeckt wurde, war es schwer für die Salzburger den Pass in den Fünfer zu verhindern. (Abbildung 3)

Zwei von vier Spielern, die nicht auf die erste Stange sprinteten, standen noch in der Mitte und warteten auf das Zuspiel von Hierländer. Da die Läufe auf die erste Stange eine Unordnung bei den Salzburger bildete, kam Jäger frei zum Abschluss und erzielte das 1:0.

 

Die Probleme bei den roten Bullen

Für die Salzburger war es bereits die vierte Niederlage in dieser Saison. In diesem Spiel gegen die Grazer trateneinige Probleme wieder hervor, die man schon in der Champions League beziehungsweise in der Europa League schon gesehen hatte.

Eines der Probleme war, dass sie den ballfernen freien Raum nach einer Balleroberung kaum nützen. Das heißt, dass, wenn sie beispielweise den Ball am rechten Flügel erobern, sie am rechten Flügel versuchen, mit kurzen Kombinationen zum Torabschluss zu kommen. Zwar war dies einige Male in der Vergangenheit erfolgreich, jedoch gab es gegen Graz große Probleme in dieser Spielweise. Graz schaltete sehr schnell in das Gegenpressing um und konnte den Raum für die Salzburger rasch eng machen. So konnte RBS zwar einige Pässe spielen, verloren jedoch beim Pass nach vorne den Ball. Hier ein Beispiel aus der ersten Hälfte.

RB Salzburg eroberte nach einem Abstoß den Ball am rechten Flügel. Dante konnte in der Pressingphase unter Druck gesetzt werden und zu einem Fehlpass provoziert werden. Sturm Graz ging in das Gegenpressing, konnte jedoch nicht den Ball zurückerobern. Salzburg konnte mit kurzen Kombinationsspiel den Zweikämpfen immer wieder knapp ausweichen. Zwar konnten sie sich dann hinter das Gegenpressing spielen, jedoch war der Raum zur Abwehr zu klein, um eine erfolgreiche Anschlussaktion auszuführen. Sturm Graz kam wieder zum Ball.

In dieser Aktion war das Problem, dass der ballferne Raum nach einer Balleroberung überhaupt nicht benützt wurde. Salzburg spielte weiter im rechten Flügel, bis immer mehr Grazer den Raum eng machen konnten und so den Ball wieder zurückeroberten. Hier wäre für Salzburg die Möglichkeit gewesen, wenn Vallci nach der Balleroberung auf dem linken Flügel hochrückt, dass Seiwald sich mit der Ballmitnahme aufdrehte und mit dem zweiten Kontakt einen Seitenwechsel spielen würde. So verloren die Salzburger durch das Kurzpassspiel im selben Raum, wo sie den Ball erobert haben, auch wieder den Ballbesitz. Mit Ulmer in der zweiten Halbzeit gab es zwar die Besetzung am ballfernen Flügel, jedoch war trotzdem die Konzentration nach Balleroberung auf der ballnahen Seite mit Kurzpassspiel zum Erfolg zu kommen.

Des Weiteren spielten die Salzburger in der ersten Halbzeit sehr viele hohe Bälle. Zwar musste diese Spielweise nicht schlecht beziehungsweise nicht ineffektiv sein, jedoch waren in diesem Spiel die hohen Bälle entweder zu ungenau oder die erste Aufbaulinie brachte ihre Offensivspieler in unangenehme Situationen mit dem Ball. Beispielsweise in der 30. Minute. (Abbildung 5)

Vallci spielte einen hohen Ball auf Mergim Berisha. Da jedoch das Zuspiel diagonal auf den Flügel gespielt wurde, musste Berisha den Ball auf den rechten Flügel mitnehmen. Somit stand er mit dem Rücken zum gegnerischen Tor und er wurde direkt von Dante unter Druck gesetzt. Auch war Gregory Wüthrich direkt hinter Dante, um den Außenverteidiger zu unterstützen. Berisha hatte keine Anspielstation nach hinten. Zwar konnte er in dieser Situation noch eine Ecke herausholen, jedoch war diese Szene nicht die einzige, die Offensivspieler in solche unangenehme Situationen brachte. Auch Adeyemi wurde mehrfach in diese Positionen gebracht und es daraufhin mehrmals in einem Ballverlust resultierte.

 

Fazit

Sturm Graz hatte, wie in der Hinrunde, einen klaren Plan, der die Salzburger vor große Probleme stellte. Vor allem das hohe Pressing in der ersten Halbzeit sorgte dafür, dass die Gäste auch kaum kontrolliert in die gegnerische Hälfte kamen. Zudem brachte eine einfache, jedoch kluge Standardvariante die Gastgeber in Führung.

Der FC Red Bull Salzburg verlor zum vierten Mal in dieser Saison und hat nur noch einen Vorsprung von drei Punkte auf die Verfolger aus Hütteldorf. Vor allem mit dem Ball sah man, dass Salzburg große Probleme hatte große Chancen zu kreieren. Nach dem Grunddurchgang könnte es zu einem spannenden Meisterschaftsrennen kommen.

 

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