Salzburger Gegenpressing erdrückt Rapid [Spiel-Analyse]
Der amtierende Meister zeigte im Spiel gegen Rapid Wien seine Dominanz. In jeder Spielphase waren die roten Bullen überlegen und ließen mit ihrer hohen Intensität im Pressing beziehungsweise im Gegenpressing die Gäste kaum zu Chancen.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer
Am Ende des Spieles hieß es 58 Prozent Ballbesitz für den FC Red Bull Salzburg gegen 42 Prozent für den SK Rapid Wien. Allerdings zeigte nicht nur der Ballbesitz wie dominant die Salzburger in dieser Top-Partie der 18. Runde der österreichischen Bundesliga auftraten. Insgesamt schossen die Gastgeber 25 Mal, wovon 13 Torschüsse waren. Im Vergleich dazu hatte Rapid nur acht Gesamtschüsse und es waren lediglich drei Schüsse auf das Tor von Cican Stankovic. Aber nicht nur der Ballbesitz oder die Torabschlüsse, sondern auch die Anzahl der Pässe beziehungsweise ihre Genauigkeit lagen vor bei den roten Bullen.
Die Dominanz der Salzburger
Die Salzburger starteten diesmal in einer 4-3-3-Formation im Pressing. Dabei versuchten sie Gäste hoch anzulaufen und Pässe durch die Mitte zu verhindern. Hier gleich eine Szene zu Beginn des Spieles. (Abbildung 1)
Vor allem die beiden Sechser wurden von den Salzburgern sehr gut zugestellt. Der Abstand der ersten beiden Pressinglinien war sehr gering, sodass bei einem vertikalen Zuspiel von Rapid der zentrale Mittelfeldspieler sofort von mehreren Seiten unter Druck gesetzt werden konnte. Gegen die spielaufbauende Dreierkette von Rapid Wien war ein Pass auf den äußeren Innenverteidiger das Signal, um die Gäste hoch anzulaufen. Dies resultierte, nach der relativ hektischen Anfangsphase, meist in hohen Bällen von Rapid Wien oder auch hohe Ballgewinne, da Salzburg mehrere Male vertikale Pässe antizipierte.
Im Ballbesitz agierten die Salzburger mit einer Viererkette, die jedoch oft zu einer asymmetrischen Dreierkette wurde. Einer der beiden Außenverteidiger bewegte sich am Flügel bis auf die letzte Linie und gab auch, wenn der Ball auf der anderen Seite war, seine Position nicht auf und machte das Spiel von RBS breit. Da nun im Aufbau die restlichen drei Abwehrspieler auf ihren Positionen blieben, bildete sich so die asymmetrische Dreierkette. Da nun der Flügel - beziehungsweise die erste Ebene für die erste Aufbaulinie - unbesetzt war, bewegte sich einer der beiden Sechser mehrfach auf den Flügel. Dabei versuchten entweder Mergim Berisha oder auch Brendon Aaronson den Halbraum zu besetzen. Wie zum Beispiel in dieser Szene. (Abbildung 2)
Andreas Ulmer rückte am Flügel bis zur letzten Linie und Zlatko Junuzovic kippte an der Flanke ab. Er zog damit nicht nur einen Gegenspieler aus der Mitte mit, sondern öffnete auch den Passweg im Halbraum zu Aaronson. Der Amerikaner erkannte jedoch den freien Halbraum in dieser Situation viel zu spät und bewegte sich erst, als Albert Vallci sich zur anderen Seite drehte. Allerdings konnte man hier gut erkennen, wie Salzburg versuchte sich im Spielaufbau zu positionieren.
Auch erkennbar war, dass die beiden Spieler Berisha und Aaronson, die sich immer wieder in den Halbräumen positionierten, bei Ballmitnahmen der Innenverteidiger in die Tiefe liefen. Damit sorgen sie nicht nur für eine Anspielstation in die Tiefe, sondern ermöglichen auch, wenn der gegnerische Innenverteidiger mit dem tieflaufenden Spieler mitging, dass ein diagonaler Passweg zum Stürmer frei wurde.
Vor allem wenn der Innenverteidiger den Ball hatte, starteten beide Offensivspieler in die Tiefe und wurden mit einem hohen Ball angespielt. Diese hohen Bälle hinter die Abwehr wurden auch immer wieder zur Gefahr für Rapid Wien. Durch so einen hohen Ball aus der ersten Aufbaulinie entstand auch der erste Treffer der Salzburger von Patson Daka, nach dem Aaronson in die Tiefe geschickt wurde.
Sehr auffällig war zudem die Intensität im Gegenpressing. Vor allem zu Beginn konnten sie sehr schnell Bälle in der gegnerischen Hälfte zurückerobern und gleich immer wieder einen neuen Angriff starten. In den ersten Spielminuten kam es gleich zu zwei Balleroberungen in der Nähe des gegnerischen Sechzehners, wodurch sie dann auch zu einer Chance kamen.
Zwar strahlte Salzburg klare Dominanz aus, jedoch gab es auch einige Probleme zu erkennen. Vor allem mit dem Ball taten sie sich einige Male schwer, das Pressing der Hütteldorfer zu überspielen. Immer wieder versuchten die beiden Innenverteidiger der Salzburger vertikale Pässe auf die drei Offensivspieler zu spielen. Dabei war jedoch das Problem, dass die Zuspiele oft sehr ungenau beziehungsweise auch sehr schwer zum Annehmen waren. Somit führten diese Zuspiele häufig zu einem Ballverlust.
Rapid hatte einen Plan. Die Ausführung jedoch nicht optimal
Verlor Red Bull Salzburg den Ball, so versuchten die Wiener so schnell wie möglich nach vorne umzuschalten. Dabei war vor allem der ballferne Halbraum das Ziel. Dieser sollte mit einem hohen Ball bespielt werden, sodass Salzburg nicht in das Gegenpressing kommen würde und Rapid dadurch einen Konter einleiten konnte. Besonders in der ersten Halbzeit konnte man diesen Ablauf nach einer Balleroberung erkennen. Allerdings waren zu Beginn die Anschlussaktionen das große Problem. Der Ball kam zwei bis drei Mal im ballfernen Raum an, jedoch war daraufhin die Entscheidungsfindung nicht optimal, sodass Rapid sofort wieder den Ball verloren hat. Nach und nach kam Rapid auch nicht mehr zu diesen Abläufen und sie sich kaum aus dem Gegenpressing herauslösen.
Im Aufbau agierten die Hütteldorfer mit einer Dreierkette und zwei Sechsern. Zu Beginn versuchten sie, trotz kompakt stehender Salzburger, durch die Mitte zu spielen, was natürlich zu mehreren Ballverlusten führte. Nach der Anfangsphase begannen sie nur noch mit hohen Bällen zu agieren. Hier war vor allem Ercan Kara der Zielspieler.
Was jedoch gut erkennbar war, dass bei Salzburg der Abstand zwischen Abwehr und Mittelfeld oft sehr groß war und Rapid in diesen Zwischenraum hineinspielen konnte. Dies taten sie nur einmal, gleich zu Beginn des Spieles.
Dejan Ljubicic hatte den Ball im Spielaufbau der Hütteldorfer. Dabei allerdings keine Anspielstation nach vorne und spielte daraufhin einen Chipball auf Kara in den Zwischenlinienraum. Kara konnte den Ball auch mitnehmen, jedoch war kein richtiger zweiter Kontakt möglich, um auf den nachrückenden Christoph Knasmüllner abzulegen. Rapid hätte dies öfter versuchen können, da vor allem Kara für solche Situationen gut einsetzbar wäre.
Ein weiteres Problem war wieder einmal das Pressing beziehungsweise das Anlaufen einiger Spieler. Rapid presste in einer 5-2-3-/5-3-2-Formation. Oft wurde der Deckungsschatten kaum benützt und Salzburg konnte ohne Probleme die erste Pressinglinie überspielen. Auch war mehrmals der Abstand von der ersten Pressinglinie zum Mittelfeld viel zu groß. Hier ein Beispiel aus der ersten Halbzeit.
Stankovic bekam im Spielfaufbau den Ball, während sich Andre Ramalho auf seine rechte Innenverteidigerposition bewegte. Kara verfolgte den Innenverteidiger und schaute sich dabei nicht um und öffnete den Passweg zu Enock Mwepu. Der Mittelfeldspieler stand komplett frei im zentralen Mittelfeld, da auch die Sechser von Rapid nicht schnell genug nachschieben konnten. Würde Kara Ramalho nicht verfolgen, so könnte der Stürmer den Pass zu Mwepu verhindern. Zwar käme höchstwahrscheinlich der Pass auf Ramalho, allerdings wäre dieses Zuspiel nicht so schlimm gewesen, wie der vertikale Pass auf Mwepu, der in der Anschlussaktion einen tiefen Ball spielte.
Fazit
Der FC Red Bull Salzburg war eindeutig überlegen und konnte vor allem durch das intensive Umschalten in die Offensive und Defensive Rapid unterdrücken. Dennoch zeigten sie auch hier in einigen Szene, dass sie vor Problemen gestellt werden könnten.
Der SK Rapid Wien tat sich in jeder Spielphase schwer. Sie hatten kaum lange Ballbesitzphasen und auch in den Umschaltmomenten trafen sie zu oft die falschen Entscheidungen. Nun hat Salzburg sechs Punkte Vorsprung auf Rapid. Kann Salzburg diese Intensität in ihrem Spiel aufrecht erhalten, wird ihnen der nächste Titel kaum zu nehmen sein.