Woran hakt’s ... beim FC Red Bull Salzburg
In den vergangenen Spielen konnte Red Bull Salzburg nicht überzeugen. In der Champions League verpasste man die Chancen den Aufstieg zu fixieren und in der Liga kam es zur ersten Niederlage. Probleme hat man vor allem in den Spielphasen mit dem Ball.
+ + 90minuten.at Exklusiv - Eine Analyse von Simon Goigitzer ++
Der FC Red Bull Salzburg ist DIE Adresse im österreichischen Fußball. Auch dieses Jahr konnten sie bereits hervorragende Leistungen erbringen. In der Bundesliga hat RBS nach 16 Spieltagen zwölf Punkte Vorsprung auf Sturm und den WAC, auch in der Champions League konnten sie in den ersten drei Partien punkten. Allerdings wurden die Leistungen und die Ergebnisse der Salzburger in den letzten Wochen ihren Ansprüchen nicht gerecht. In den letzten vier Bundesligapartien gewann die Jaissle-Truppe zwar gegen die Wiener Austria, spielte aber gegen die SV Ried und Fyleralarm Admira nur Unentschieden. Gegen den Aufsteiger Austria Klagenfurt kam es sogar zur ersten Niederlage in dieser Bundesligasaison. Des Weiteren waren die letzten beiden Partien in der Champions League nicht berauschend. Die roten Bullen verspielten zwei Matchbälle und hätten bereits gegen den Vfl Wolfsburg den Aufstieg in die Ko-Phase fixieren können. Das bedeutet, dass der Beginn eines Formtiefes zu erkennen ist, jedoch die Leistungen gegen den TSV Hartberg und gegen den FC Sevilla für den weiteren Verlauf entscheidend sein werden.
Wichtig zu erwähnen wäre, dass Red Bull Salzburg besonders in den letzten Partien Probleme in der Spielphase mit dem Ball hatte. Das heißt, dass das Pressing und auch teilweise die Umschaltmomente in beiden Richtungen sehr gut funktionierten. Besonders das Pressing ist in der Spielphilosophie der Salzburger ein wichtiger Punkt. Gepresst wird in der Raute und das erfolgreiche Attackieren zeigt sich auch in den Zahlen. Der PPDA-Wert (Anm.: Dieser zeigt an, wie viele Pässe dem Gegner pro Abwehraktion ermöglicht werden) liegt bei den Salzburger im Durchschnitt in dieser Saison bei 5,6. Das bedeutet, je niedriger der Wert, desto weniger Pässe spielen die Gegner im Aufbau. Im Vergleich dazu haben die Gegner in der Bundesliga einen doppelt oder dreifach so hohen Wert. Aber nicht nur der PPDA-Wert ist ein Indiz für das gute Pressing der Salzburger, sondern auch die Balleroberungen im Spielfelddrittel. Hier sind sie in der Bundesliga mit Abstand auf dem ersten Platz und auch in der Champions League sind sie von allen Mannschaften in den Top 5.
Allerdings gab es in den letzten Spielen vor allem Probleme im Spielaufbau und der Chancenkreierung bei tiefstehenden Mannschaften.
Problem 1: Der vertikale Pass muss kommen
Bereits unter Cheftrainer Jesse Marsch war im Vergleich zu Marco Rose erkennbar, dass die Salzburger sehr stark das vertikale Spiel in die Spitze forcieren. Auch unter Trainer Matthias Jaissle ist es ähnlich. Im Spielaufbau ist häufig der Gedanke der ersten Aufbaulinie, dass sie so schnell wie möglich in die Spitze kommen. Dazu werden nicht nur immer flache vertikale Pässe in den Zwischenlinienraum gewählt, sondern auch hohe Chipbälle auf den Stürmer oder hinter die gegnerische Abwehr. Dabei ergeben sich jedoch einige Probleme, besonders wenn Salzburg gegen tiefstehende Teams wie Klagenfurt oder Admira gespielt hat. Die Bullen versuchen mit aller Kraft durch die Mitte zu spielen und versäumen dadurch die Möglichkeit, andere Passwege, wie zum Beispiel auf den Flügel zu nutzen. Durch ide Formation der Raute sind klarerweise die meisten Spieler im Zentrum, allerdings wurde es gegen Gegner wie zum Beispiel Austria Klagenfurt sehr schwer, über die Mitte zu einer Torchance zu kommen.
Die Klagenfurter spielten in einem tiefen 4-1-4-1 und legten den Fokus auf das Zumachen der vertikalen Passwege. Da Salzburg diese dennoch immer wieder spielen wollte, kam es oft zu ungenauen Pässe, sodass der Mitspieler den Ball nicht annehmen konnte - oder das Abspiel wurde vom Gegner gleich antizipiert und resultierte in einem Ballverlust. Ein weiteres Beispiel findet sich im Spiel gegen die Admira. (Abbildung 2)
Die Admira formierte sich situativ in einem sehr engen 4-3-3 in der eigenen Hälfte. Dadurch waren die Flügel vor allem im mittleren Drittel sehr frei. Dennoch versuchte Mo Camara Brenden Aaronson im Zwischenlinienraum anzuspielen. Durch die hohe Dichte im Mittelfeld der Admira musste der Pass auch sehr scharf kommen, damit er überhaupt durchgespielt werden konnte. Zwar ging dieser Pass durch die zwei Pressinglinien, jedoch war das Abspiel zu ungenau, sodass der Amerikaner der Ball nicht mitnehmen konnte. Diese zeigt gleich ein weiteres Problem bei den vertikalen Zuspielen: Stehen die gegnerischen Mannschaften so eng, muss der Pass richtig scharf gespielt werden. Dabei jedoch die Genauigkeit ab. Das heißt, dass je schärfer der Pass gespielt werden muss, desto ungenauer kann er sein, da sich der Spieler primär an die Schärfe des Zuspieles konzentriert. Des Weiteren ist dann umso schwerer für den Mitspieler so einen Ball an- oder auch mitzunehmen.
Auch in der Champions League waren solche Muster zu erkennen. Ein Beispiel aus dem Spiel gegen Wolfsburg (Abbildung 3)
Andreas Ulmer bekam im Spielaufbau am Flügel den Ball und versuchte seinen Stürmer mit einem Chipball über die Abwehr anzuspielen. Auch wenn der Ball in dieser Situation perfekt zum Mitspieler kommt, ist es für den Stürmer schwer sich zum Tor zu drehen, da der Laufweg das Aufdrehen erschwert und ein Gegenspieler direkt neben ihm steht. Käme der Stürmer nicht direkt zum Abschluss, so hätten Anschlussoptionen gefehlt. Das bedeutet, dass er kaum Anspielstationen hätte und von drei Gegenspielern unter Druck gesetzt wäre. Ein weiteres Beispiel aus dem Spiel gegen Lille. (Abbildung 4)
Auch in dieser Situation wurde der hohe Pass zum Stürmer gespielt, obwohl es bessere Optionen gegeben hätte. Zudem wäre auch hier das Problem gewesen, wenn der Pass gekommen wäre, dass es kaum Passoptionen in der Anschlussaktion gegeben hätte.
Zwar wurden jetzt einige Beispiele präsentiert, die das Problem mit dem Ball aufzeigen, jedoch hat der unbedingte Drang nach vorne zu spielen auch einige Vorteile. Die Salzburger kommen durch diese vertikalen Pässe immer wieder in die Zwischenlinienräume und können sich in der Anschlussaktion eine Torchance erspielen. Nun stellt sich die Frage, ob der große Drang nach vorne zu spielen hilfreich ist und sie dadurch zu mehr Torchancen kommen oder die ganzen Versuche der vertikalen Zuspiele nicht auch in zu vielen Ballverlusten resultieren. Zudem könnte hinterfragt werden, ob es nicht sinnvoller wäre, sich durch mehr Ballzirkulation die vertikalen Passwege besser zurechtzulegen. Das heißt, dass durch mehr Laufenlassen des Balles der Gegner mehr bewegt wird und sich dadurch möglicherweise mehr Räume öffnen.
Problem2: Isolation der eigenen Außenverteidiger
Besonders gegen tiefstehende Mannschaften, wie in den letzten Bundesligaspielen, hatten die Salzburger viel Ballbesitz. Vor allem in der gegnerischen Hälfte kam es immer wieder zu längeren Ballbesitzphasen. Durch die Formation der Raute sind aber eben wie erwähnt keine Flügelspieler in der letzten Linie. Diese Aufgabe müssen dadurch hauptsächliche Außenverteidiger erledigen. Dabei ergeben sich jedoch einige Probleme im Spiel der Salzburger.
Landet der Ball in der gegnerischen Hälfte beim Außenverteidiger, so ist er meist von seinen Mitspielern isoliert und hat nur wenige Optionen. Größtenteils musste der Abwehrspieler einen Pass zurückspielen oder auch in 1-gegen-1-Situationen gehen. Jedoch sind weder Ulmer noch Rasmus Kristensen Spieler, die sich sehr oftaus solchen Situationen herauslösen können. Des Weiteren positionieren sich die Mitspieler bei einem Pass auf den Außenverteidiger hauptsächlich im Zentrum und im Strafraum, sodass nur noch eine Flanke gespielt werden kann. Das bedeutet, dass der Flügelspieler im letzten Drittel kaum Anspielstationen nach hinten hat und sehr häufig die Flanke in den Sechzehner spielen muss. Hier einige Beispiele.
Um den Flügel in der letzten Linie zu besetzen, weichen auch manchmal die Stürmer auf die Seite. Besonders Karim Adeyemi macht diese Bewegung sehr gerne und kann dann auch mit seiner Geschwindigkeit 1-gegen-1-Situation lösen. Dabei ist jedoch wieder das Problem, dass der Stürmer „alleine“ gelassen wird und keine Anspielmöglichkeiten hat. (Abbildung 7)
Allerdings gibt es im letzten Drittel, wenn der Ball auf den Flügel gespielt wird, auch einen weiteren Bewegungsablauf. Bekommt der Außenverteidiger den Ball, so läuft der Stürmer im Halbraum in die Tiefe. Solche Situationen kommen immer wieder vor und der Stürmer bekommt auch häufig den Ball in die Tiefe gespielt. Dieser Bewegungsablauf gibt dem Außenspieler nicht nur eine Passoption, sondern macht auch einen Passweg in die Mitte auf. Im Spiel von Salzburg ergaben sich jedoch auch hier einige Probleme.
Die Pässe in die Tiefe sind sehr schwer zu verarbeiten, da man nur schwer Kontakt mit dem Ball haben kann und gleichzeitig einen Blick in den Strafraum hinein. Oft war hier die Lösung, dass der Ball mit voller Schärfe blind in die Mitte gespielt wurde. Geht das Zuspiel nicht in die Tiefe, so ist der horizontale Pass zum zweiten Stürmer offen. Allerdings bewegt sich der Stürmer nur selten in diesen Raum hinein. So hatte es der Außenverteidiger wieder schwer richtige Anschlussaktion auszuführen. Hier ein Beispiel aus dem Spiel gegen Klagenfurt. (Abbildung 8)