Rapid vs Salzburg: Außenverteidiger als neue Spielmacher? [Spiel-Analyse]
Red Bull Salzburg war im Spiel gegen den SK Rapid Wien die dominantere Mannschaft, nutzte jedoch ihre Tormöglichkeiten nicht. Die Hütteldorfer kamen nach den Einwechslungen von Ercan Kara und Yusuf Demir besser in die Partie.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer
Der SK Rapid Wien und auch der FC Red Bull Salzburg spielen in internationalen Bewerben mit. Somit müssen beide Trainer auf die Fitness der Spieler beziehungsweise auf die Belastungssteuerung im Training achten. Dadurch kann es auch immer wieder zu Rotationen der Startelf kommen. Bei den Hütteldorfern waren – im Vergleich zum Spiel gegen den Europa League-Gegner Dundalk – Filip Stojković, Dejan Petrovič und Ercan Kara nicht in der Startelf. Für diese drei Spieler rückte Leo Greiml auf die rechte Innenverteidigerposition, Srđan Grahovac auf die Sechserposition und Koya Kitagawa begann als Stürmer.
Bei den Salzburgern gab es allerdings nur auf zwei Positionen Veränderungen im Vergleich zum Spiel gegen den FC Bayer München. Noah Okafor in die Startelf, Mohamed Camaras Platz nahm Enock Mwepu ein, und Albert Vallci statt Rasmus Kristensen in die Startelf.
RB Salzburg die dominantere Mannschaft
Die Gäste begannen in einer 4-2-2-2-Formation. Besonders in den Anfangsminunten kippten beide Sechser oft in die Abwehrkette ab und bildeten eine Dreierkette. Dies ermöglichte den Außenverteidigern sehr hochzuschieben. Vor allem Zlatko Junuzović machte das gerne Richtung linke Seite, wenn die Hütteldorfer hoch anpressten, sodass Andreas Ulmer daraufhin bis zur letzten Linie schieben konnte. Da die Gastgeber sehr mannorientiert anpressten, konnte Junuzovićdurch die Bewegung auf den Flügel nicht in den Deckungsschatten der Stürmer gestellt werden und dadurch von den Innenverteidigern angespielt werden.
Rapid Wien presste von Beginn an die Salzburger hoch an. Sie versuchten sehr früh den Spielaufbau zu stören und möglicherweise auch einen Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte zu provozieren. Das taten sie in einem 5-2-3/5-2-1-2. Besonders wenn die Salzburger mit einem abkippenden Sechser aufbauten, kam es zu einem Pressing mit drei Stürmern. Zudem agierten die Grün-Weißen sehr mannorientiert. Das heißt, dass meistens ein Spieler einen Gegner zustellte beziehungsweise einer den Ballführenden attackierte. Wie zum Beispiel in der Abbildung 1. In dieser Szene hatte jeder einen direkten Gegenspieler.
Um das hohe Pressing zu überspielen, schlugen die Salzburger sehr oft den hohen Ball auf die Stürmer. Vor allem zu Beginn der ersten Hälfte spielte die erste Aufbaulinie immer wieder hohe Bälle auf Mërgim Berisha. Der robuste Stürmer sollte dann entweder den Ball auf Sekou Koita weiterleiten, der auf den tiefen Pass spekulierte, oder den Ball festmachen und auf nachrückende Mitspieler ablegen. Dazu kam auch noch die Möglichkeit, dass der Stürmer den ersten Ball nicht gewinnt und den zweiten Ball so schnell wie möglich zu gewinnen und gleich in die Offensive umzuschalten. In viele Situationen sah man, wie schnell die Mittelfeldspieler auf den zweiten Ball schieben, wenn der Stürmer das Luftduell verlor.
Nach circa 30 Minuten zog sich Rapid ein wenig zurück und agierte eher in einem Mittelfeldpressing. Das ergab für Salzburg die Möglichkeit, dass der Spielaufbau höher gestaltet werden konnte und Junuzović nicht mehr so oft abkippen musste und dadurch eher das Zentrum besetzte, da es für die Innenverteidiger mehr Anspielstationen nach vorne gab. Besonders in der zweiten Halbzeit hatten die Gäste auch viel mehr Kontrolle und Ballbesitz im Mittelfeld. Durch das aggressive und intensive Gegenpressing konnten sie immer wieder den Ball zurückerobern und durch viele kurze Passkombinationen und Doppelpässe mehrmals in das letzte Drittel kommen.
Auffällig war auch, dass die Mozartstädter viele Großchancen hatten, jedoch der Abschluss nicht gut genug war oder sie eher vor dem Tor nochmal abspielten, anstatt auf das Tor zu schießen. Immer wieder und vor allem in der zweiten Hälfte spielten sich die Salzburger in sehr gute Schusspositionen. Allerdings wurde daraufhin der Schuss vom Tormann pariert oder sie versuchten sich in das Tor hineinzuspielen und passten noch einmal. Dadurch kam es dann öfters zu Ungenauigkeiten im Passspiel und auch zu keinem Schuss mehr.
Außenverteidiger müssen auch Pässe spielen können
Auch Außenverteidiger sind eine wichtige Komponente im eigenen Ballbesitz und können sehr gut helfen das gegnerische Pressing zu überbrücken oder auch tiefstehende Gegner mit einem Pass zu überspielen. Die Vorurteile, dass Außenverteidiger nur die Linie auf und ab laufen müssen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Vor allem österreichische Verteidiger wie Andreas Ulmer oder Stefan Lainer interpretieren die Rolle des Außenverteidigers mit dem Ball sehr spielerisch. Auch international sieht man wie Spieler wie Trent Alexander-Arnold oder Raphael Guerreiro ihre Stärken vor allem mit dem Ball haben. Das bedeutet, dass sie als Ballführende nicht versuchen den Ball hoch nach vorne zu schlagen oder einfach die Linie hinunter zu dribbeln, sondern spielerische Lösungen zu finden, sodass die Mannschaft zu einer Torchance kommt. Ulmer kam in dieser Partie zu mehren Szenen, die die spielerischen Lösungen unterstreicht. Wie zum Beispiel in dieser Situation. (Abbildung 2)
Ulmer bekam den Ball von André Ramalho und machte den ersten Kontakt in die Mitte hinein. Somit gegen die Laufrichtung von Schick und er spielte mit dem zweiten Kontakt einen tiefen Pass zu Sékou Koïta, der in der Anschlussaktion auf Berisha auflegen konnte. Der Stürmer traf jedoch das Tor zu zentral und der Schlussmann der Hütteldorfer hatte keine Probleme den Schuss zu parieren.
Dies war jedoch nur ein Beispiel von vielen situationsgerechten Pässen vom Salzburger Kapitän. Auch in der 25. Minute kam es zu einem langen flachen Diagonalpass aus der ersten Aufbaulinie, um das ganze Mittelfeld der Hütteldorfer zu überspielen und daraufhin eine Chance der Salzburger zu kreieren. Bereits in der Nationalmannschaft zeigte Ulmer auch immer wieder seine spielerischen Lösungen mit dem Ball, um in das letzte Drittel zu kommen. Jedoch auch auf der anderen Seite spielte ein Außenverteidiger der immer wieder situationsgerechte Entscheidungen mit dem Ball traf und auch öfters diagonale Pässe in die Spitze spielte, um einen Angriff einzuleiten.
Rapid weiterhin mit einigen Problemen, Demir und Kara retten Unentschieden
Wie in den beiden letzten Analysen („Rapid ließ LASK mit hohen Bällen einfach nicht ins Pressing kommen“ und „Rapid gewinnt überraschend gegen ideenlosen LASK“) sah man auch in diesem Spiel wieder, dass der SK Rapid Wien einen guten Kader hat, der immer wieder sehr gute Ansätze in allen Spielphasen zeigte. Vor allem verbesserte sich das Pressing immer mehr und auch in den Ballbesitzphasen gibt es immer wieder situationsgerechte Aktionen, in denen sie sich vom eigenen Strafraum bis hin zu einer Torchance erspielen. Wie zum Beispiel in dieser Szene. (Abbildung 3)
Leo Greiml hatte den Ball und wurde von Berisha angelaufen. In dieser Szene sah man auch, dass das Pressing in einem 4-2-2-2 einen großen Raum hinter den Stürmern lässt, vor allem wenn nicht situationsgerecht angelaufen wurde. Berisha stellt die beiden zentralen Mittelfeldspieler nicht in den Deckungsschatten und so konnte Grahovac vom Innenverteidiger angespielt werden. Grahovac ließ auf Dejan Ljubicic prallen. Dadurch lockte er die Gegner noch mehr in diesem Raum und mit dem ersten Kontakt konnte Ljubicic Barać anspielen. In der Folgeaktion wurde Kelvin Arase im Halbraum angespielt und nach einem tiefen Pass auf Kitagawa kamen die Hütteldorfer zu einer Torchance.
Diese Szene zeigte genau, dass die Spieler von Rapid dazu fähig sind hohes Angriffspressing von einer erfolgreichen Mannschaft zu überspielen und dazu auch noch zu einer Torchance zu kommen. Denn in der 28. Minute kam es wieder zu einer ähnlichen Situation, in der Grahovac hinter den Stürmern angespielt wurde und direkt auf den ballfernen Flügel spielte, um das Pressing der Salzburger zu überbrücken.
Erster Verfolger, verdient
Das Rapid in der Liga der erste Verfolger von RB Salzburg ist und nur zwei Punkte Rückstand haben zeigt, dass sie bis jetzt sehr erfolgreich sind (von den Ergebnissen her). Allerdings muss man auch die Art und Weise, wie sie die Spiele gewonnen haben betrachten. In vielen Spielen gab es immer wieder Phasen in denen Rapid Wien zeigte, wozu die Spieler im Kader fähig sind (Abbildung 3 oder 3:0 Sieg gegen den LASK). Jedoch wäre die Frage nun, wieso sie nicht öfters versuchen das Spiel zu machen anstatt den Ball bei kopfballschwachen Spielern einfach hoch nach vorne zu Schlagen und dadurch den Gegner selbst im Spiel einmal zu dominieren.
Didi Kühbauer ist dafür verantwortlich, wie die Spieler in den meisten Aktionen in den Spielphasen zu agieren haben. Jedoch merkt man nur selten, dass die Hütteldorfer im Ballbesitz oder im defensiven Umschalten einen klaren Plan haben, was sie in der jeweiligen Situation zu machen haben. Zudem kommt noch dazu, dass es keinen Plan B oder nur selten zu einer Umstellung während einem Spiel kommt, wenn es nicht läuft. Wie zum Beispiel in der Europa League, in der Rapid Wien gegen Molde verlor und gegen Dundalk gerade noch gewinnen konnte. Besonders im Ballbesitz schaut bei diesem Kader viel zu wenig heraus.
Auch noch zu erwähnen sind die Kadernominierungen beziehungsweise die Startelf der letzten Spiele. Sinnbildlich dafür ist die erste Ballbesitzphase nach der Einwechslung von Ercan Kara und Yusuf Demir. Kara und vor allem Demir machten wie im Spiel gegen Dundalk den Unterschied. Sobald Demir im Spiel war, waren besonders die Ballbesitzphasen länger und kontrollierter. Zudem konnte Rapid sich mehr Chancen erspielen. Beispiel dafür ist die Szene gleich nach der Einwechslung. In der 62. Minute. In der ersten Ballbesitzphase von Rapid bekam Demir den Ball und schickte Kara gleich in die Tiefe. Und in der Anschlussaktion kam Kara gleich zu einer der wenigen Torabschlüsse im ganzen Spiel. Vor allem Demir könnte man öfters von Anfang an starten lassen und besonders, wenn er unter der Woche grad einmal 20 Minuten gespielt hat.
Fazit
Red Bull Salzburg dominierte zwar das Spiel, konnte allerdings die ganzen Torschussmöglichkeiten nicht nutzen und blieb bei einem Treffer. Der SK Rapid Wien lieferte zunächst ein schwaches Spiel - das änderte sich dann, als Kara und Demir eingewechselt wurden. Beide sorgten vor allem im Ballbesitz für mehr Sicherheit und Kontrolle. Man kann durchaus Kritik an Kühbauer üben, dass es in vielen Spielen von außen beobachtet keinen richtigen Plan gibt und es so aussieht, als ob die Spieler nicht wüssten, was sie in welcher Phase des Spieles machen sollen. Die Hütteldorfer haben allerdings einen guten Kader und ist so in der Lage, in der Liga oben mitzuspielen. In der Europa League merkt man jedoch, dass Rapid mit diesem Gesamtpaket derzeit an seine Grenzen stößt.