Foda: Unzureichender Matchplan und ohne Lösungen gegen tiefstehende Gegner [Spiel-Analyse]

Die österreichische Nationalmannschaft konnte zwar die Gruppe in der Nations League gewinnen, allerdings zeigten sie in diesem Lehrgang sehr schwache Leistungen. Franco Foda findet nur sehr schwer Lösungen gegen tiefstehende Gegner.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Im aktuell vergangenen Lehrgang der österreichischen Nationalmannschaft konnte Österreichs Nationalmannschaft zwei Mal gewinnen und gegen Norwegen rettete man sich in letzter Minute noch ein Unentschieden. Im Freundschaftsspiel gegen Luxemburg spielte zunächst nur eine bessere B-Elf. In den beiden Nations League-Partien hingegen hatte Franco Foda beinahe den kompletten Kader zur Verfügung. Nur Konrad Laimer und Christoph Baumgartner waren nicht dabei.

 

Die Spielausrichtung

In den Spielen gegen Nordirland und Norwegen spielten die Österreicher in einer 4-2-3-1-/4-4-2-Formation. Vor allem im Spielaufbau war die Viererkette mit den zwei Sechsern davor klar zu erkennen. Die offensiven Spieler, das heißt die Flügelspieler und die beiden Stürmer, variierten die Positionen sehr oft. Das bedeutet, dass beispielsweise Marcel Sabitzer, der hinter Michael Gregoritsch oder Marko Arnautović spielte, sich mehrmals in den Sechserraum oder auch in den Halbraum bewegte. Beide Gegner agierten mit einem 4-4-2 in einem Mittelfeld- oder Abwehrpressing und versuchten besonders die beiden Sechser mit der ersten Pressinglinie zuzustellen. Zudem positionierten sich die äußeren Mittelfeldspieler sehr eng, sodass die Mitte zu gestellt wurde.

Obwohl beide Gegner versuchten die Österreicher auf den Flügel zu leiten, probierten die Gastgeber immer wieder durch die Mitte zu spielen. Dies ging dann auch mehrmals schief, wodurch besonders Nordirland mehrmals in das letzte Drittel kam. Im Spiel gegen Norwegen konnte man schon eine kleine Besserung im Spielaufbau sehen, nämlich, dass die Österreicher ein wenig mehr über den Flügel spielten und so in die Nähe des Strafraumes kamen. Durch die Kompaktheit und das ballnahe Verschieben ergab sich immer wieder Platz am Flügel. Allerdings waren diese Aktionen oft zu langsam; das heißt, dass es beispielsweise nicht genug Passschärfe gab oder die Aktion selber wurde nicht dynamisch ausgeführt, sodass ein offener Raum ausgenützt werden konnte. Österreich hatte große Probleme, den Gegner verschieben zu lassen und aus dem Spiel heraus nach einer längeren Ballbesitzphase eine Chance zu kreieren.

Des Weiteren gab es große Schwierigkeiten im Pressing und im Gegenpressing. Beim gegnerischen Ballbesitz attackierte oft nur ein Spieler und so gab es immer wieder Anspielstationen für den Gegner. Genau das Gleiche trifft auch auf das Gegenpressing zu. In Situationen, in denen die Österreicher den Ball verloren, presste oft nur ein Spieler auf den Ballführenden und die Anspielstationen für den Gegner wurden nicht früh genug zugestellt. Hier ein Beispiel aus dem Spiel gegen Nordirland. (Abbildungen 1 und 2)

Die Österreicher verlieren im Mittelfeld den Ball und der Raum für den Ballführenden wird zwar eng gemacht, allerdings wird der Gegenspieler nicht richtig unter Druck gesetzt. So konnte der Nordire zunächst einen sicheren Pass nach hinten spielen. Nach dem Pass war diese Gegenpressingszene allerdings noch nicht aus und Stefan Lainer rückte weit nach vorne, um den linken Verteidiger unter Druck zu setzen. Diese Entscheidung des Gladbach-Legionärs war die richtige, jedoch lag das Problem dann in den Anschlussaktionen. Der Gegner wurde erst attackiert, als er den Ball bereits angenommen hatte und sich nach vorne orientieren konnte. Das heißt, die Nordiren konnten immer wieder eine Anspielstation finden, da die Österreicher zu spät attackierten. In diesem Fall kam David Alaba zu spät zum rechten Außenverteidiger, der einen tiefen Pass spielen konnte und in der Folgeaktion kamen die Nordiren zu ihrer ersten Konterchance.

Jedoch gab es vor allem im Umschalten in die Offensive positive Erkenntnisse. Kam es von den Österreichern zu einer Balleroberung und konnten sie schnell nach vorne Umschalten, endete der Angriff oft in einer guten Schussposition oder einem Abschluss.

 

Die Hauptprobleme

1. Spieler werden nicht auf ihrer Position aufgestellt: Bereits in vergangenen Jahren wurde David Alaba immer wieder im Mittelfeld aufgestellt. Unter Marcel Koller spielte er einige Male als Sechser, nun spielte er unter Foda des Öfteren im linken Mittelfeld. Das Problem dabei ist, dass Alaba beim FC Bayern München in der letzten Saison hauptsächlich in der Innenverteidigung und einige Male auch als linker Außenverteidiger startete. Nun kam der Bayern-Legionär zum Nationalteam und spielte plötzlich eine komplett andere Position, die auch sehr unterschiedliche Anforderungen hat. Alaba spielte beim Champions League-Sieger eine hervorragende Saison in der Innenverteidigung, wird aber von Foda anscheinend dort nicht berücksichtigt.

Der Bayern-Profi ist jedoch nicht der einzige Fall. Im Spiel gegen Norwegen startete Stefan Ilsanker auf der rechten Innenverteidigerposition, da Aleksandar Dragović wegen einer Gelb-Sperre ausfiel. Auch hier ist das Problem wieder, dass Ilsanker bei seinem Verein hauptsächlich eine andere Position spielte. In der vorherigen Saison startete er einige Male in der Innenverteidigung, spielte in der laufenden Spielzeit aber kein einziges Mal in der Abwehr. (Quelle: transfermarkt.at) Das heißt, dass Foda eher einen zentralen Mittelfeldspieler in die Innenverteidigung aufstellte, als einen Gernot Trauner, der beim LASK immer wieder sehr gute Leistungen in der Abwehr zeigte.

Zudem gibt es auch Fälle wie Sabitzer oder Xaver Schlager, die nicht auf ihrer optimalen Position spielten. Der Leipzig-Legionär spielte in der vergangenen Saison immer wieder Sechser und in der laufenden Spielzeit der deutschen Bundesliga beinahe immer Achter. Nun musste er als hängende Spitze agieren. Im Spiel gegen Nordirland startete Schlager in der rechten Mittelfeldposition, obwohl er beim VFL Wolfsburg hauptsächlich im zentralen Mittelfeld spielte.

 

2. Die Entscheidungen im Ballbesitz: Gegen tiefstehende Gegner haben schon viele Mannschaften große Schwierigkeiten gehabt. Allerdings gab es in diesem Lehrgang der österreichischen Nationalelf zu viele Entscheidungen im Ballbesitz, die nicht der Situation entsprechend waren.

Da die beiden Sechser von der ersten gegnerischen Pressinglinie in Deckungsschatten gestellt wurden, kippten beide immer wieder neben die Innenverteidiger ab. Somit gab es eine Anspielstation weniger im Zentrum und auch der Gegner konnte dieses noch besser zustellen, da sich der Sechser selber aus dem Zentrum bewegte. Welche Probleme sich durch ein Herauskippen gegen tiefstehende Gegner ergibt, zeigt ein Beispiel aus dem Spiel gegen Norwegen. (Abbildung 3)

Martin Hinteregger bekam den Ball von Schlager, der kurz davor aus der Sechserposition neben den Innenverteidiger herauskippte. Der Innenverteidiger hatte zum Spielgeschehen eine geschlossene Position und Verton Berisha konnte ihn mit seinem Anlaufverhalten wieder auf den linken Flügel leiten. Hinteregger spielte wieder zu Schlager, der gleich von zwei Gegenspielern unter Druck gesetzt wurde, jedoch keine Anspielstation hatte. Da er selber herauskippte, gab es in der Mitte mit Julian Baumgartlinger nur noch eine Anspielstation. Der Kapitän reagiert allerdings zu spät und kam erst entgegen, als sich Schlager entschloss den hohen Ball zu spielen. Somit nahmen sie sich selber die Möglichkeit eine Pressingsituation der Gegner spielerisch zu lösen.

Nur selten versuchten die Österreicher gegnerische Pressingsituationen spielerisch zu lösen. Ein weiteres Beispiel gegen Norwegen. (Abbildung 4)

In dieser Situation bekam Pavao Pervan den Ball von Hinteregger zugespielt. Norwegen versuchte den Strafraum zuzustellen und hoch anzupressen. Pervan wurde von der Nummer Neun der Norweger attackiert und spielte daraufhin einen Chipball auf den Flügel, der zwar in einem Einwurf für Österreich resultierte, jedoch kam der Gegenspieler nur knapp nicht zu einem richtigen Kopfball, um den Ball für die Norweger zu gewinnen.

Für Pervan bestand die Möglichkeit den flachen Pass mit dem ersten Kontakt zu Baumgartlinger zu spielen. Der Mittelfeldspieler hätte sich nach vorne aufdrehen und auf den rechten Flügel spielen und somit die erste Pressinglinie überspielen können. Jedoch wurde auch in dieser Szene der hohe Ball als Entscheidung getroffen, um das Pressing auszulösen anstatt das hohe Attackieren spielerisch mit flachen Pässen zu überbrücken.

Kam es jedoch zu einer Szene, in der Pervan den Ball flach herausspielte und die erste Pressinglinie überbrückte, wurde wieder der hohe Ball noch vorne gespielt. Auch im Spiel gegen Nordirland in der zweiten Halbzeit sah man vermehrt hohe Bälle in das Sturmzentrum. Viele Mannschaften spielen hohe Bälle aus der ersten Aufbaulinie, allerdings wird konkret auf den zweiten Ball gegangen oder der Stürmer versucht den Ball weiterzuleiten oder für nachrückende Spieler abzulegen. Beides war bei der Nationalmannschaft nicht der Fall.

Auffällig war zudem, dass das ÖFB-Team bei Ballzirkulationen in der ersten Aufbaulinie, diese sehr langsam ausgeführt wurden und den Gegner überhaupt nicht zum Verschieben brachten. Im Spielaufbau gab es kaum Dynamik und Passschärfe, wodurch sich keine Möglichkeit ergeben hatte nach vorne zu spielen. Zudem kam es immer wieder vor, dass sie die Verschiebebewegung des Gegners abgebrochen haben, weil die Innenverteidiger den Ball nicht situationsgerecht zirkulieren ließen. Beispielsweise bekam Ilsanker als rechter Innenverteidiger den Ball von der linken Seite. Anstatt daraufhin auf Lainer zuspielen, um die Verschiebebewegung von den Norwegern zu maximieren, spielt er wieder zurück auf die linke Seite und die Gegner mussten daher nicht so weit auf die andere Seite verschieben und „sparten“ sich somit Laufweg und Kraft.

 

3. Die fehlende Intensität im Pressing bzw. Gegenpressing: Schon in den Spielen davor wurde die „passive“ Art der Österreicher von den Medien und den Fans kritisiert. Dies auch zurecht. Viele der Spieler in der Nationalelf haben einen Red Bull-Hintergrund oder spielen in einer Mannschaft, die die gegnerischen Mannschaften hoch anpressen und in Umschaltphasen sehr dynamisch agieren. Auch dies war bis jetzt bei den Österreichern nur selten der Fall und bei diesen Spielen der Nations League überhaupt nicht.

Zum einen war das Anlaufverhalten nicht situationsgerecht. Das heißt, dass sie immer wieder Gegenspieler nicht im Deckungsschatten hatten und somit die Gegner ohne Probleme die erste Pressinglinie überspielen konnten. Des Weiteren gab es keine Intensität oder Aggressivität im Anlaufen beziehungsweise beim Attackieren. Dies sieht der Fan daraufhin als passives Auftreten der Nationalelf. Ein Beispiel aus dem Spiel gegen Nordirland. (Abbildung 5 und 6)

Nordirland hatte den Ball für den Spielaufbau. Der rechte Innenverteidiger wurde von Gregoritsch leicht angelaufen, jedoch nicht wirklich unter Druck gesetzt. Dadurch hatte der Abwehrspieler die Zeit, den Ball in die Mitte zum Sechser zu spielen. Der Mittelfeldspieler ließ direkt auf den linken Innenverteidiger prallen, der von Alaba sofort angelaufen wurde. Mit einem Pass auf den Außenverteidiger wurde auch Alaba überspielt, da keiner nachrückte. An dieser Szene sah man sehr gut, dass n sowohl in Pressing-, als auch in Gegenpressingsituationen, oft nur einer den Ballführenden attackierte und dies auch nicht mit voller Intensität.