Austria Lustenau findet keine Lösung gegen Salzburgs Gegenpressing [Spiel-Analyse]
Der FC Red Bull Salzburg hat zwar im Spielaufbau sehr viel Luft nach oben, dennoch kontrollierten sie das Spiel über die vollen 90 Minuten und ließen Austria Lustenau kaum eine Chance. Die Vorarlberger konnten die ersten 20 Spielminuten mithalten, jedoch machten sie einige Fehler im Pressing und auch mit dem Ball trafen sie kaum situationsgerechte Entscheidungen.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer
Im ersten Geisterspiel während der Corona-Krise trafen der FC Red Bull Salzburg und der SC Austria Lustenau im ÖFB-Cup Finale aufeinander. Im Halbfinale konnte sich RBS gegen den LASK mit einem 1:0 durchsetzen und auch die Lustenauer gewannen ihr Spiel vor dem Finale mit einem 1:0 gegen Wacker Innsbruck.
Die Ländle-Kicker waren der klare Außenseiter, hatte jedoch von Roman Mählich einen ebenso klaren Plan mitbekommen. Vor allem im Pressing gab es Abläufe, die sich immer wiederholten und Salzburg im Aufbau störten. Die Vorarlberger pressten in einem 4-1-4-1 eher defensiverem Mittelfeldpressing die Gegner an. Pressingtrigger waren besonders schlechte Mitnahmen der Innenverteidiger oder auch Rückpässe zum Tormann.
Im Pressing war es häufig der Fall, dass einer der beiden Achter hinausschob. Dadurch bildeten sie mit Ronivaldo einen Zweiersturm, um die beiden Salzburger Innenverteidiger dynamisch anzupressen.
Maximilian Wöber dribbelte an und für Daniel Tiefenbach war das Andribbeln ein Zeichen, um herauszurücken und den gegnerischen Innenverteidiger anzupressen. Zudem machte er vor dem Herausrücken einen Schulterblick und stellte Dominik Szoboszlai in den Deckungsschatten. Somit konnte Wöber nur noch abdrehen und nach hinten spielen oder einen hohen Ball versuchen. In dieser Situation konnte er den Versuch vom Salzburger, hoch nach vorne zu spielen, abblocken.
Einige Schwierigkeiten ergaben sich jedoch beim Anlaufen im Pressing. Problem beim Herausrücken des Achters war, dass einige Male beide denselben Spieler attackierten und nicht auf ihr Anlaufverhalten achteten, sondern den ballführenden Innenverteidiger gerade anliefen. Zusätzlich bewegte sich Majeed Ashimeru (Sechserposition) gut aus dem Deckungsschatten der Stürmer. Somit konnte der Salzburger hinter den beiden Offensivspieler angespielt werden und mit einem Pass waren gleich zwei Spieler ausgespielt.
Salzburg mit viel mehr Potential im Spielaufbau
Allerdings spielten in der Salzburger Innenverteidigung Abwehrspieler, der sehr pressingresistent sind und immer wieder situationsgerechte Entscheidungen trafen. Somit war es für die Lustenauer schwer Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte zu haben. Doch auch RBS löste nicht immer den Spielaufbau situationsgerecht und könnte einen viel kontrollieren Spielaufbau gestalten.
Die Salzburger bauten in einer Viererkette auf. Ashimeru, der im Aufbau meist alleine den Sechserraum besetzte (Zlatko Junuzovic agierte als Achter und rückte oft nach vorne), ließ sich oft zwischen den beiden Innenverteidiger fallen. Zwar erzeugt er so eine klare Überzahl in der ersten Aufbaulinie gegen die pressenden Lustenauer, jedoch ergab sich zwischen dem Mittelfeld und der Abwehr eine große Lücke. Die Innenverteidiger hatten wenige kurze Passoptionen in der Mitte und mussten hauptsächlich über den Flügel spielen. Die aufgerückten Außenverteidiger waren dabei die Anspielstation und konnten zwar einige Male auch in das letzte Drittel spielen, allerdings war dies nicht immer erfolgreich. Eine Beispielsszene zu diesem Ablauf (Abbildung 2)
In der 18. Minute bewegte sich Ashimeru wieder in die Abwehr zwischen die beiden Innenverteidigern. Somit wurde die Sechserposition aufgelöst und keiner befand sich in den Raum vor der eigenen Abwehr. Dadurch hatte Andre Ramalho auch nur wenige Anspielstationen. Oft ging es dann über den Außenverteidiger, jedoch konnten die auch einige Male schon früh zugestellt werden. Zudem stand Junuzovic im Deckungsschatten vom linken Achter und war für den Innenverteidiger nicht anspielbar. In dieser Situation kam es dann zu einem hohen diagonalen Ball von Ramalho auf Andreas Ulmer. Der Pass war jedoch zu ungenau. Besser wäre es gewesen wenn Ashimeru, vor allem in den Anfangsminuten, sich nicht in beinahe jeder Aufbausituation der Salzburger nach hinten fallen zu lassen. Dadurch hätten die Innenverteidiger eine kurze Passoption und müssten nicht mehrmals einen hohen Ball nach vorne spielen. Zudem wäre es daraufhin leichter die erste Pressinglinie des Gegners zu überspielen.
Allerdings ließ sich Ashimeru nicht immer zwischen den beiden Innenverteidigern fallen und hatte auch gute Aktionen, als er im Mittelfeld blieb. Besonders in den Anfangsminuten kam das Abkippen zwischen den Innenverteidiger vermehrt vor. In der 31. Minute beispielsweise bewegte sich Ashimeru nicht zwischen den beiden Innenverteidiger und besetzte den Sechserraum. (Abbildung 3)
Im Aufbau attackierte Ronivaldo Ramalho und währenddessen bewegte sich der Mittelfeldspieler aus dem Deckungsschatten des Stürmers. Sobald er aus dem Rücken des Offensivspielers war, wurde er von Ramalho angespielt. Da der Salzburger andauernd Schulterblicke machte, wusste er, dass er gleich von zwei Gegenspielern attackiert wurde. Dadurch konnte er sich nicht aufdrehen und musste zu Wöber zurückspielen, zog jedoch zwei bis drei Spieler auf sich. In der Anschlussaktionen konnte Wöber nach vorne spielen und somit waren drei Spieler von Lustenau überspielt.
Die Offensive der Salzburger kam ohne Probleme in das Angriffsdrittel
Auch in diesem Spiel zeigte RBS viele vertikale Pässe in die Spitze und vor allem in den Zwischenlinienraum. Vermehrt kamen in der zweiten Hälfte Pässe in den freien Raum zwischen der Abwehr und dem Mittelfeld der Lustenauer. Dadurch konnten sich die Offensivspieler, die sich aus der tiefsten Reihe in diesen Raum hineinbewegten, aufdrehen und die nachfolgende Aktion weiter nach vorne fortführen.
Zudem fiel auf, dass die Salzburger vermehrt das Spiel über den dritten Mann nützten, um das gegnerische Mittelfeld zu überspielen. Das bedeutet, dass beispielsweise Spieler A zu Spieler B passt und Spieler B den Ball zu Spieler C (der „Dritte) weiterleitet. Der Vorteil dabei ist, dass sich Gegner oft auf den Spieler B konzentrieren und Spieler C in einen freien Raum laufen kann. Dadurch dass Spieler B schon weiß, wo er hinspielen muss, kann Spieler C in eine gute Position gebracht werden.
Solche Aktionen kamen von den Salzburgern immer wieder vor. Besonders von den Abwehrspielern kam ein vertikaler Pass auf einen entgegenkommenden Stürmer oder auf einen Außenverteidiger. Die Spieler leiteten dann gleich den Ball auf den bereits in die Tiefe laufenden Zehner weiter und konnte so immer wieder in das Angriffsdrittel kommen.
Auch zu sehen war wieder, wie gut das Umschaltspiel der Salzburger in die Offensive funktionierte. Bei Balleroberungen sprinteten immer mehrere Spieler mit nach vorne. Gaben den Ballführenden nicht nur eine Anspielmöglichkeit, sondern öffnete mit ihren Läufen in die Tiefe Räume. Zu sehen war auch, dass sich die Salzburger durch die individuelle Qualität der Spieler immer wieder aus dem Gegenpressing der Lustenauer lösen konnten. Vor allem in der zweiten Halbzeit gab es mehrere Konterchancen, nachdem sich RBS aus engen Situation mit Dribblings oder kurzen vertikalen Kombinationen herausspielte.
Auffällig war allerdings, dass bei Balleroberungen in der eigenen Hälfte oft zunächst der Ball gesichert wurde. Das heißt, es wurde nicht sofort nach vorne gespielt und jede Konterchance ausgenützt. Die Spieler entwickelten ein besseres Gefühl, in welchen Situationen ein schnelles Umschalten situationsgerecht wäre und wann nicht.
Salzburger Gegenpressing lässt den Lustenauer wenig Chancen
Das Gegenpressing von RBS wirkte sehr intensiv und zudem auf einem sehr guten Level. Hier eine Beispielszene:
Albert Vallci spielte einen Pass auf Szoboszlai, der jedoch den Ball für Patson Daka durchlassen wollte. Mit der Aktion des Mittelfeldspielers rechnete Daka nicht und Lustenau kam in den Ballbesitz. Die Vorarlberger wollten sofort in die Offensive umschalten und Alexander Ranacher wurde im Mittelfeld angespielt. Der Außenbahnspieler von Lustenau wollte sich aufdrehen, allerdings gingen drei Salzburger sofort in das Gegenpressing und setzen den Ballführenden zu dritt unter Druck.
Daka kam in den Zweikampf, jedoch bekamen Lustenauer nach einem Pressball wieder den Ball. Dennoch ist diese Situation ein gutes Beispiel für das Gegenpressing des Salzburger. Das Gegenpressing führte auch dazu, dass Lustenau auch nach Balleroberungen sehr wenige Möglichkeiten bekam in das letzte Drittel zu kommen.
Lustenau zu Ideenlos im Ballbesitz
Austria Lustenau hatte vor allem in der ersten Halbzeit kaum lange Ballbesitzphasen. Als es zu einer Balleroberung kam versuchten sie schnell mit einem hohen Ball Ronivaldo anzuspielen. Zwar konnte der Stürmer den Ball einige Male festhalten und auf nachrückende Mitspieler prallen lassen. Jedoch waren die Anschlussaktionen nicht sehr erfolgreich. Zu Beginn der zweiten Hälfte änderte sich dies ein wenig. Lustenau hätte längere Ballbesitzphasen als in den ersten 45 Minuten und kamen auch immer wieder in das letzte Drittel. Zudem hatten sie sogar einige Abschlussmöglichkeiten und waren mit einem Lattenschuss kurz vor einem Treffer.
Fazit
Der FC Red Bull Salzburg konnte sich mit einem effektivem Gegenpressing und schnellem Umschaltspiel den siebten Sieg des ÖFB-Cups sichern. Jedoch muss man anmerken, dass vor allem im Ballbesitz noch Verbesserungen geschehen können. Austria Lustenau konnte zwar die ersten 20 Minuten mithalten, hatten jedoch über das ganze Spiel nur wenige Torchancen und kaum lange Ballbesitzphasen. Zudem war die individuelle Qualität von den Salzburgern überlegen und man sah das erwartete Spiel.