Österreich belohnt sich gegen Polen nicht [Spiel-Analyse]

Die österreichische Nationalmannschaft konnte sich in der 6. Runde der Qualifikation für die EM gegen schwache Polen nach einer guten Anfangsphase und einem dominantem Auftreten nicht mit drei Punkten belohnen.

Eine Spiel-Analyse von Simon Goigitzer

 

Österreich begann, wie gegen Lettland, in einer 4-2-3-1 Formation. Cheftrainer Franco Foda musste aber die Innenverteidigung auf einer Position verändern. Statt Martin Hinteregger spielte Hoffenheim-Legionär Stefan Posch von Beginn an. Die Österreicher spielten in den Anfangsminuten sehr gut und drängten Polen weit in die eigene Hälfte. Sie hatten auch einige Chancen, wie zum Beispiel einen Stangentreffer von Marko Arnautovic in der zehnten Minute. Österreich dominierte das Spiel insgesamt und ließ Polen besonders in der ersten Hälfte kaum zu Chancen. Zwar kamen die Gastgeber zu ein paar Kontern, allerdings funktionierte das Gegenpressing der Gäste sehr gut, sodass oft die Umschaltmöglichkeiten in die Offensive von Polen gleich unterbunden werden konnte. Vor allem in der ersten Halbzeit merkte man einen großen Unterschied zu den Partien im Juni bezüglich Ballbesitz und Umschaltverhalten.

 

Hatte Österreich jemals so viel Ballbesitz gegen einen guten Gegner?

Die österreichische Nationalmannschaft baute im Ballbesitz mit einer Viererkette auf. Meistens positionierte sich nur ein Sechser vor der Abwehr. Der zweite zentrale Mittefeldspieler rückte weiter nach vorne und agierte als Achter. Julian Baumgartlinger nahm die tiefere Position öfters ein, Konrad Laimer rückte daher weiter nach vorne. In den ersten Minuten stand Polen wie erwähnt sehr tief und ließ Österreich das Spiel sehr weit vorneaufbauen. In der ersten Halbzeit spielte die ÖFB-Elf zudem viel über die Flügel, besonders deshalb, weil Polen mit zwei Viererketten tief und kompakt in der eigenen Hälfte verteidigte. Trotz des tiefen Abwehrblocks konnten die Österreicher Lösungen finden, um in den Sechzehner zu gelangen oder auch von außerhalb zum Abschluss zu kommen. Dominant war in der ersten Hälfte die rechte Seite. Stefan Lainer konnte mit seinen typischen horizontalen flachen Flanken entlang des Sechzehners immer wieder Arnautovic oder Marcel Sabitzer zwischen der Abwehrkette und der Mittelfeldlinie anspielen.

Besonders in der ersten Halbzeit hatte Österreich sehr viel Ballbesitz. Sogar im letzten Drittel konnte man ohne große Probleme lange den Ball können. Ein weiterer Unterschied zu den vorangegangenen Spielen war auch die Geduld, die die Rot-Weiß-Roten im Ballbesitz gehabt haben. Sie versuchten seltener den Ball direkt in die Spitze zu spielen, sondern warteten auf den richtigen Moment, bis sich eine Lücke auftat. Vor allem nach schnellen Seitenwechsel taten sie sich leichter nach vorne zu spielen und Chancen zu kreieren.

Die zweiten 45 Minuten gaben ein ähnliches Bild ab. Österreich hatte mehr Ballbesitz, aber Polen attackierte im 4-4-2 weiter vorne und ließ den Gästen nicht mehr so viel Zeit im Aufbau. Allerdings ergaben sich dann vor allem in den Zwischenlinienraum mehr Platz für Sabitzer oder David Alaba. Auch schon in der ersten Hälfte gab es Phasen, in denen Polen weiter vorne agierte und sie mehr Räume für die Offensivspieler öffneten. Zum Beispiel in dieser Szene:

Und in der zweiten Hälfte gab es weitere Beispiele für vertikale Zuspiele, als Polen die Gäste höher attackierte:

Verbessertes Umschaltverhalten bei Österreich

Die österreichische Nationalmannschaft agierte, wie auch schon im Spiel gegen Lettland, im Umschaltverhalten sehr aggressiv Aber das intensive Gegenpressing war ein großer Unterschied zu den Partien davor. Dadurch konnte man auch Polen in den Anfangsminuten immer wieder unter Druck setzen, da auch die Konter der Gastgeber meistens unterbunden wurden. Besonders in der ersten Hälfte konnte Polen sich selten aus dem Gegenpressing herausspielen. Österreich kam immer wieder nach Ballverlust wieder in Ballbesitz und konnte das Spiel neu aufbauen. Ein Beispiel für das schnelle Zurückerobern nach Ballverlust:

 

Kritik!

Gegen Ende der zweiten Hälfte ermüdeten die Spieler schon und sowohl das Umschalten in die Offensive als auch das Gegenpressing war nicht mehr so intensiv und aggressiv wie in der ersten Hälfte. Klar sind die Spieler erschöpft, jedoch kann man als Trainer früher agieren und Spieler austauschen. Dazu hätten einige Spieler, die auf der Bank saßen, auch viel neue Energie in Ballbesitzphasen beitragen können. Allerdings wechselte Foda erst in der 78. Minute zum ersten Mal und brachte Defensivspieler Stefan Ilsanker. Dies hatte zu Folge, dass vor allem im Aufbau der Ball nicht bei Möglichkeit nach vorne gespielt wurde, sondern eher länger in der eigenen Mannschaft gehalten wurde. Ilsanker kippte oft ab und bot sich oft viel zu nah an und machte dadurch den Platz für seine Innenverteidiger sehr eng. Auch die zweite Einwechslung hatte zum Spiel nicht sehr viel beigetragen. Die Einwechslung von Michael Gregoritsch war erst in der 89. Minute und dadurch hatte er auch wenige Chancen, noch etwas am Spielstand zu ändern.

 

Österreich hatte eine starke Anfangsphase und konnte Polen in ihre Hälfte drängen. Auch im Gegenpressing war die österreichische Nationalmannschaft diesmal sehr effektiv und konnte Konter unterbinden. In der Offensive kam man ebenfalls zu mehreren Chancen, wie zum Beispiel Arnautovic, der zweimal alleine vor dem Tor stand oder nach einem Kopfball nur die Stange traf. Zwar kann man mit einem Punkt gegen eine personell starke polnische Mannschaft sein, allerdings hätte man vor allem in der zweiten Hälfte mit einigen besseren Entscheidungen bei den Auswechslungen mehr nachlegen können. Denn für Österreich war in dieser Partie ein Sieg drinnen und nun ist man durch das 0:0 auf dem dritten Platz der Tabelle.