So konnte die SV Ried den SK Rapid lange beschäftigen [Taktikanalyse]
Wer sich den heißen Cupfight im eiskalten Allianz Stadion angesehen hatte, war sich zeitweise nicht so sicher, wer hier das Heimteam aus der Bundesliga ist und wer nur zweitklassig spielt. Im Cup zählt bekanntlich nur das Weiterkommen, taktisch lieferten die Rieder eine gute Leistung ab und stellten Rapid vor Probleme.
Von Georg Sander aus dem Allianz Stadion
Rapids Cheftrainer Goran Djuricin hatte im Vorfeld einen "kleinen LASK" erwartet. Diesen Gefallen machte Lassaad Chabbi ihm aber nicht. Während die Linzer mit Fünferkette und Kontrolle und viel Konterspiel kickten, setzte Chabbi auf bissiges Umschaltspiel, hatte einen Matchplan und stellte Rapid so vor große Probleme. Ried liegt im Innviertel, damit hatten sich aber die Gemeinsamkeiten mit den Linzern auch schon wieder. Die SV Ried stellte Rapid ein 4-4-2/4-2-3-1 entgegen, das situativ Dreier- und Fünferketten bildete. Ried begann wie von der Tarantel gestochen, presste die ballführenden Rapidler in der Anfangsphase früh an, stets mit mindestens zwei Mann. Dabei standen die Innviertler noch recht hoch. Das war riskant, verengte aber das Spielfeld und ermöglichte es den Offensivspielern stets (wechselnd) zu dritt auf Chancen zu lauern. Rapid, das ebenfalls in einem 4-2-3-1 angetreten war, zeigte sich konsterniert und musste die ersten Spielminuten dem Außenseiter aus Oberösterreich überlassen.
Matchplan: Rückzug
Ob Djuricin mit einem derart bissigen Gegner gerechnet hat, war nicht zu eruieren. Bei der Pressekonferenz nach dem Spiel wollte er über die erste Halbzeit gar nicht reden. Gegen Mitte der ersten Halbzeit bekam Rapid mehr Zugriff auf das Spiel und kam vor allem aus Standards zu Chancen. Das Aufdoppeln und -drippeln der Rieder zwang Rapid dabei im Halbfeld, vor allem auf links, zu technischen Höchstleistungen. Chabbi hatte so das direkte Spiel über die schnellen Schobesberger, Joelinton und Murg gut unterbinden können. Die Rieder formierten sich jetzt tiefer, stopften Lücken. Rapid musste den Ball länger halten, zirkulieren lassen. Man kam zu Halbchancen und Standards. Wer Lassaad Chabbi an der Linie beobachten konnte, merkte, dass man sich nicht zufüllig weiter zurück zog. Die Hausherren fanden aus dem Spiel heraus kaum Lösungen. So kam es, wie es fast kommen musste. Nach einem Rieder Konter brachte Strebinger Chabbi zu Fall, Wießmaier konnte kurz vor der Pause zum 1:0 verwerten.
3:0, 4:0
Nach der Pause hätten die Rieder ihre Führung eigentlich ausbauen müssen. Mit sehr schnellem Umschaltspiel, vor allem über den links im Mittelfeld aufgebotenen Ilkay Durmus, brach man ein ums andere Mal durch. Rapid hatte sich notgedrungen höher postiert, Auer und der zur Pause für den angeschlagenen Hofmann gekommene Sonnleitner hatten ihre liebe Not. Fröschl (50.), Durmus (52.), wieder Fröschl (54.) und der für diesen gekommene Prosenik (68.) hätten die Führung ausbauen können, wenn nicht müssen. Das Mittel der Innviertler war dabei recht einfach: Man positionierte sich tiefer, machte die Mitte zu und lenkte Rapid auf die Außen, zwang sie zu Flanken oder Diagonalläufen in die Mitte, wo eben zu viele Gäste waren, um gefährlich zu werden. Es reichten zwei, drei Rieder, die immer wieder nach vorne sprinteten, um die Gefahr auf ein vorentscheidendes 2:0 hoch zu halten.
Djuricins Antwort: Hollywood
"Ich bin umso stolzer wie wir rausgekommen sind. Wir wollten alles reinhauen, 100 Prozent riskieren - entweder so gewinnen wir oder verlieren wir", sagte Djuricin nach dem Spiel. Ried wusste schon, dass man Rapid nicht kontern lassen darf und die Hütteldorfer wussten sich dann mit der Hereinnahme von Szanto für Ljubicic (58.) mit der Variante Hollywood zu helfen. Mit der Hereinnahme von Marcel Ziegl (65.) für Clemens Walch festigte Chabbi die Defensive. Rapid stand nun mit fast allen Spielern in der gegnerischen Hälfte, wo es aber kaum ein Durchkommen gab. Murg riss das Spiel auf rechts nun immer öfter an sich, Bolingoli ging weite Wege, um Räume zu öffnen, die aber eigentlich kaum vorhanden waren. Als es schon nach einer Sensation roch, schoss Joelinton Wießmeier an, Schiri Hameter entschied auf Elfmeter (75.). Es kam noch bitterer: Kurz darauf erhöhte Kvilitaia nach Murg-Flanke auf 2:1.
Ständige Überzahl
Die Innviertler schafften das Kunststück, durch eine disziplinierte Ordnung fast nie in Unterzahlsituationen zu kommen. Dadurch tat sich Rapid unheimlich schwer, durch den Abwehrriegel durchzukommen. Rapid wirkte ideenlos, auch wenn man sich in Halbzeit zwei ein Übergewicht erspielte. Mit dem LASK hatte der Auftritt der Rieder wie gesagt wenig gemein, zudem muss schon attestiert werden, dass die Rieder taktisch gar reifer wirkten als Rapid. Im Cup zählt nur das Weiterkommen, eine Mannschaft mit mehr individueller Klasse - oder Djuricins vielzitiertem Glück im Abschluss - hätte sich wohl durchgesetzt.