Sturms Matchplan geht gegen Ajax' Ballbesitz nicht auf
Sturm Graz wusste, dass sie auf einen individuell starken und taktisch sehr guten Gegner treffen werde. Anfangs konnten sie ihren Plan umsetzen, jedoch zeigten Ajax und Hakim Ziyech ihre Stärke im Ballbesitzspiel.
Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer
Ajax Amsterdam hatte von Beginn an viel Ballbesitz, konnte am Anfang aber keine Lösung gegen den tiefen Abwehrblock der Grazer finden. So probierten sie es in der 5. Minute mit einem hohen Pass über die Abwehr. Dieser kam auch an, aber Neres konnte den Ball nicht richtig kontrollieren und somit endete er in den Händen von Jörg Siebenhandl. In der 14. Minute machte dann der Schlussmann der Grazer einen Fehler. Nachdem sich Ziyech im Halbraum im 1-gegen-1 durchsetze, schloss er aus 20 Metern ab. Siebenhandl konnte den Ball nicht fangen und kenkte ihn unglücklich ins Tor. Ajax kam immer mehr zu Chancen, wie etwa in der 25. Minute. Klaas Jan Huntelaar kam aus ca. 30 Meter zum Abschluss, traf aber nur die Stange. In der 52. Minute kam auch Sturm Graz zu einer Chance. Nach Unstimmigkeiten zweier Ajax-Spieler konnten die Grazer einen Konter starten und waren mit 3-gegen-2 in Überzahl. Zulj konnte den Ball in den 16er Flanken, doch Koch verfehlte nur knapp das Tor. Nur wenige Minuten später bekam Amsterdam einen Elfmeter, nachdem Anastasios Avlonitis Neres im Strafraum foulte. Lasse Schöne’s Schuss wurde von Siebenhandl pariert, aber der Nachschuss war unhaltbar. In der Schlussphase kamen beide nicht wirklich vor das Tor und somit endete die Partie mit einem 2:0 für Ajax.
Sturm Graz startete mit einem 5-4-1, das aber in der Offensive in eine Dreierkette wechselte und bei der die Außenverteidiger ein wenig hochrückten. Anfang der ersten Halbzeit wurde im Spielaufbau versucht, schnell hohe Pässe über die Abwehr zu spielen. Das Ziel war des Öfteren Emeka Eze, der die hohen Bälle sichern sollte und dann auf die aufrückenden Außenspieler zu spielen. Nach dem ersten Gegentreffer änderte sich der Spielaufbau der Grazer. Nun wollten sie nicht mehr direkt in die Spitze spielen, sondern versuchten es mit flachen Pässen zu den zentralen Mittelfeldspielern. Ajax Amsterdam ließ ihnen auch den Platz für einen flachen Aufbau. Ebenfalls wurden Bälle schneller auf die andere Seite verlagert, falls man sich am gegenüberliegenden Halbraum befand.
Peter Zulj wurde dann noch wichtiger im Aufbau, da er versuchte, eine kurze Anspielstation für die Innenverteidiger zu sein. Er bewegte sich im Raum vor der Abwehr und ließ sich auch einige Male in den Halbraum fallen. Inzwischen rückte der Außenverteidiger höher. In der zweiten Halbzeit änderte Heiko Vogel die Aufstellung und brachte auch Sandro Lovric statt Filipe Ferreira. Im Aufbau kam es zu einer asymmetrischen 4er-Kette, weil Stefan Hierländer als linker Außenverteidiger sich in die Offensive sehr stark eingebunden hat. Öfters ließ er sich in den linken Halbraum fallen, aber rückte einige Male auch auf den Flügel hinaus. Im Umschaltspiel in die Defensive wurde nicht gegengepresst, sondern man versuchte, so schnell wie möglich die Räume hinter der Abwehr zu schließen. Im Ballbesitz des Gegners agierten die Grazer zunächst in einem 5-4-1. Sie attackierten erst in der eigenen Hälfte und versuchten, dass Ajax nicht die zentralen Spieler anspielen konnten. Am Anfang konnten sie noch viele Pässe in die Mitte verhindern, indem sie die Spieler im Deckungsschatten hielten. Aber nach einiger Zeit konnten die Ajax-Spieler eine Lösung finden. Durch früheres und schnelleres Lösen von den Gegner war die Spieler von Amsterdam besser anspielbar
Allerdings konnte man Anfangs auch oft Pässe zu den zentralen Mittelfeldspielern abfangen, weil man kompakt verteidigte und wenig Freiraum ließ. Im Umschaltspiel in die Offensive versuchte man sehr schnell und direkt in die Spitze zu spielen, um die Unordnung des Gegners auszunützen. Oft „zockten“ auch beide Außenspieler. Das heißt, dass sie, obwohl der Ball noch nicht ganz unter Kontrolle war, schon ein Sprint in die Tiefe machten, um sich dann bei einem möglichen Zuspiel einen Vorteil zu verschaffen oder freien Raum für Mitspieler zu ermöglichen.
Ajax’s Ballbesitzspiel übertrumpft Sturm
Ajax Amsterdam startete im Spielaufbau mit einem asymmetrischen 4-4-2. Hakim Ziyech und Donny van de Beek bewegten sich im Zehnerraum zwischen den Linien. David Neres spielte auf dem linken Flügel, rückte aber einige Male auch in die Mitte. Viel Platz gab es für den rechten Außenverteidiger, da Ajax oft Überzahl auf der linken Seite ausübte und er dadurch auch immer aufziehen konnte. Klaas Jan Huntelaar spielte die einzige Spitze. Ajax tat sich am Anfang schwer, den tiefen Block von Sturm Graz zu durchdringen. Dennoch versuchten sie immer den Halbraum zwischen den Linien zu bespielen. Zu Beginn war dies schwer, aber nach einiger Zeit bewegten sich die Zentralen Spieler schneller und früher aus dem Deckungssschatten der Grazer und konnten öfters den Ball zirkulieren lassen. Auch wurde jeder kleine Fehler der Gäste ausgenützt. Falls zu langsam oder nicht konsequent verschoben wurde, nützten die Ajax-Spieler dies gleich aus und spielten sofort in die Spitze. Auch andere Lösungen wurden versucht den tiefen Block zu überwinden. Zum Beispiel schiebt der linke Außenverteidiger, wenn der Innenverteidiger den Ball hat, in den linken Zehnerraum hoch und van de Beek oder Ziyech lässt sich fallen.
Oft versuchten sie aber auch, es mit eins-gegen-eins-Situation zu lösen, da dies einer der Stärken von Ziyech und Neres sind. Bei Ballverlust wurde von Ajax in den ersten Sekunden von den umliegenden Spielern gegengepresst. Ein Spieler attackierte den Ballführenden und die Mitspieler versuchten die Passwege zu schließen. Im Ballbesitz der Grazer agierte man in einem 4-3-3. Ziyech schob somit auf den Flügel hinaus. Attackiert wurde aber erst ab der Höhe der Mittellinie. Und nach dem 1:0 zog man sich sogar ein wenig weiter zurück und ließ den Gästen noch mehr Platz. Konnte man den Ball wieder zurückerobern, so versuchten sie den Ball zunächst zu sichern und nicht mit Hektik in die Spitze zu spielen. Eher wurde der Ball zurückgespielt, um wieder einen sicheren Spielaufbau zu gewähren.
Sturm findet keine Lösung
Sturm Graz hatte einen Plan und konnte ihn Anfangs auch gut umsetzten. Sie wollten mit einem tiefen Block Ajax zwar einen ruhigen Spielaufbau lassen, aber nicht in die nähe des Tores. Durch ihr Umschaltspiel wollten sie zu ihren Möglichkeiten kommen, was ihnen auch 2-3 Mal gelang. Ajax tat sich am Anfang schwer, konnte aber durch ihre Variabilität auch so Lösungen finden. Im Rückspiel werden die Grazer offensiver spielen müssen, was der Mannschaft aus Amsterdam ein wenig Probleme bereiten könnte.