Das Rauten-Duell geht an durchschlagkräftigere Salzburger [Spielanalyse]

Thomas Letsch und Marco Rose legen beide Wert auf intensive und aggressive Arbeit gegen den Ball, wollen jedoch auch die Balance im Spiel herstellen und versuchen sich im Positionsspiel. Der Salzburg-Trainer macht das länger, auf jeden Fall gegenwärtig besser.

Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Das Interessante an der Raute im Mittelfeld ist, dass man im Mittelfeld sehr deutliche Zuteilungen hat. Viele Teams nutzen dies, um Mannorientierungen intuitiver und simpler zu gestalten. Da beide Teams im Pressing jedoch eher raumorientiert agieren und auf Ballgewinn aus sind, gab es nur selten deutliche Mannorientierungen zu sehen. Ein anderes, interessantes Duell kristallisierte sich jedoch in dieser Partie heraus: Achter gegen Außenverteidiger. Da die Raute sehr zentrumslastig ist, sind die Flügel meist frei und Außenverteidiger haben per se Raum. Dies wollen jedoch beide Mannschaften für Pressingfallen nutzen. Die Außenverteidiger sollen frei gelassen werden, mit richtigem Timing stechen dann die Achter diagonal auf die Außenverteidiger heraus und setzten diese unter Druck. Vorteilhaft an diesem Pressingablauf ist, dass man durch das diagonale Ansprinten gleich effektiv seinen eigenen Deckungsschatten nutzen kann.

Bei der Austria war es vor allem Florian Klein, der von den Salzburgern scheinbar zum Pressingopfer auserkoren worden war. Patson Daka richtete sich in einigen Situationen leicht höher aus, auch Amadou Haidara agierte etwas breiter um gegen Cristian Cuevas auf dem Sprung zu sein. Zlatko Junuzovic war der direkte Gegner von Florian Klein, und der ehemalige Teamkollege macht dem rechten Außenverteidiger von Austria Wien ganz schön zu schaffen. Immer wieder presste Junuzovic mit dem richtigen Timing auf Klein, welcher mit dem hohen Druck meist überfordert war. Diese Überforderung war ein Resultat fehlender Entscheidungsgeschwindigkeit, oftmals nicht scharf genug zu ihm gespielten Pässen wie auch fehlende Optionen, die sich schnell genug herstellten. Im 4-2-2-2 im Ballbesitz der Austria fand Klein auch selten die richtige Positionierung, sodass die Anschlussaktionen nicht passend waren.

Außenverteidiger als Spielmacher

Bei Salzburg sah dies genau anders aus. Der Vorjahresmeister sieht in ihren Außenverteidigern Spielmacher, Andreas Ulmer und Stefan Lainer sind ballsicher, beherrschen das Dribbling auf ihre eigene Art. Lainer vor allem besticht vor allem mit Weiträumigkeit und Tempo, während Ulmer enge und richtige Haken schlägt. Dazu kommt, dass beide immer wieder entweder direkt die Linie entlang zu einem der situativ breit positionierten Achtern oder Stürmern spielen können. Oder sie nutzen die Gegnerdynamik für einen Haken nach innen und finden andere Anspielstationen. Vor allem Ulmer fiel mit sauberen Pässen in die Spitze auf. Nicht zu schmälern seien jedoch die Leistungen von Demaku, Ebner und Matic, die ihre laufintensiven Aufgaben im Pressing meist gut erfüllten. Es fehlte jedoch das letzte Quäntchen an kollektivem Druck, den die Austria generell erzeugen wollte. Der berühmte Schritt, der einem hinten fehlt, der beginnt meist schon vorne. Die Wiener haben mit den vielen Neuzugängen und auch der angepassten Spielanlage noch viel zu lernen und einiges an Verbesserungspotential, das jeden Austria-Fan (und auch neutralem Fußballfan) positiv stimmen sollte.

Individuelle Fehler bringen Salzburg die Führung

Eine kleine Fehlerkette brachte das erste Tor des Nachmittags ein: Nach einem Pentz-Abstoß, der sofort zurückgeköpft wurde, kommt Munas Dabbur vor Madl an dem Ball. Madl stand zu weit weg und konnte Dabbur am Zuspiel in die Tiefe nicht hindern, Igor stellte den Passweg in die Mitte nicht zu und Pentz blieb wie angefroren im Strafraum stehen und war einfach zu überlupfen. Die bis dahin defensiv stabilen Wiener Gäste hatten sich schwer getan, etwas in der Offensive zu kreieren.

Mit Rückstand sollte dies nicht einfacher werden. Vor allem zu Beginn der zweiten Halbzeit kippte Ebner viel zwischen die Innenverteidiger ab und sollte beim Ballvortrag im kreierten 3-4-1-2 helfen. Dies machte das Aufbauspiel der Salzburger jedoch nur flügellastig und für die Salzburger einfacher zu leiten.

Austria fehlt die Durchschlagskraft

Generell schaffte es die Austria nicht, Durchschlagskraft zu erzeugen. Vor allem, weil die Gastgeber es schafften, den Wienern die initialen Aufbaubemühungen deutlich zu erschweren. Sauberer Ballvortrag war aufgrund noch höheren Pressings der Salzburger, das sich oftmals im 4-3-3 zeigte, kaum mehr möglich. Vereinzelt konnte man mit Direktspiel dem Druck ausweichen, aber generell war die Besetzung in der Offensivabteilung der Austria nicht passend, um gegen diese Salzburger zu bestehen. Mit Edomwonyi, dessen Bewegungsspiel zu wünschen übrig ließ, sowie Alexander Grünwalds fehlende Pressingresistenz und Dynamik. So gelang den Bullen 15 Minuten vor Ende noch das 2:0, Munas Dabbur erzielte nach Vorlage von Ex-Austrianer Zlatko Junuzovic sein viertes Saisontor. Jenes Tor besiegelte zugleich auch den Endstand.

 

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