Auf den ersten Blick war das natürlich super. Ein positives Jahresergebnis in der Höhe von 11,24 Millionen Euro bejubelte der FK Austria Wien bei der Veröffentlichung der Finanzkennzahlen 2023/24.
Auf den zweiten Blick hat sich an der finanziell brenzligen Lage dadurch wenig bis gar nichts verändert. Das Plus entstand durch den Schuldenschnitt bei der Bank Austria, die dem Verein mehr als 20 Millionen Euro erlassen hat.
Operativ weiter im Minus
Die Veilchen geben operativ weiterhin mehr Geld aus, als sie einnehmen. Der Stadionverkauf an die Stadt Wien wird der nächste Befreiungsschlag sein. Wie heftig er ausfällt, steht noch in den Sternen, die Details - und darin steckt ja bekanntlich der Teufel - sind noch nicht ausverhandelt.
Fakt ist, dass auch der Stadionverkauf nur eine einmalige Sache ist. Um über Jahre hinweg ins Plus zu kommen, müssen andere Wege gefunden werden, um mehr Gelder als aktuell zu lukrieren.
Europacup- oder Transfer-Einnahmen
Und da kommt der Sport ins Spiel. Europacup-Einnahmen und Transfer-Erlöse sind die zwei logischen Möglichkeiten.
Was es für Europacup-Gelder braucht, ist klar: eine entsprechende Platzierung in der Meisterschaft bzw. einen Cup-Titel, das Beschreiten eines mitunter beschwerlichen Quali-Wegs, im Idealfall Losglück.
Doch was braucht es, um mit Transfers Millionen zu scheffeln?
Werner will Meister verkaufen, keine Lehrlinge
Seit Jänner 2022 ist Jürgen Werner in sportlicher Hinsicht der starke Mann bei der Wiener Austria, zunächst als Investor und Berater, danach als Investor und Sportvorstand, bald nur noch als Sportvorstand. Ein halbes Jahr vor Werners Ankunft übernahm Manuel Ortlechner den Posten des Sportdirektors.
Im Sommer 2022 erklärte Werner: "Wir wollen die Austria in den nächsten Jahren dauerhaft in den Top 5 platzieren, da würden wir immer um die europäischen Plätze spielen. Und wir wollen nicht gezwungen sein, Spieler zu verkaufen. Wenn ich eine Bäckerei bin, drei Lehrlinge habe und immer den Besten verkaufe, wird meine Bäckerei nicht besser werden. Ich muss ihn dann als Meister verkaufen, wenn ich richtig viel Geld kriege. Wir müssen die Gnade haben, es durchzuhalten, sie erst dann zu verkaufen, wenn sie am Höhepunkt sind."
Inklusive des damals offenen Transferfensters sind inzwischen fünf Wechselperioden vergangen, die sechste läuft aktuell.
55 Mal haben österreichische Bundesliga-Klubs seither Spieler um 500.000 Euro oder mehr verkauft, so gut wie alle ins Ausland. Vier, also 7,3 Prozent davon, waren Austrianer. (Ablösezahlen laut transfermarkt.at)
Eine Übersicht über diese Transfers:
Unter "Wähle Klub" kann nach den einzelnen Vereinen gefiltert werden. Beim Klick auf einen Punkt poppen Name, Ablöse und Verein auf. Die roten Punkte sind die Austria-Spieler.
Es ist ein klares Muster zu erkennen. Rund 80 Prozent dieser Transfers betreffen Spieler im Alter von 20 bis 24 Jahren.
Die ADMIRAL Bundesliga ist eine Ausbildungsliga, das ist klar. Für Talente aus aller Herren Länder ist sie eine gute Zwischenstation auf dem Weg in eine Top-Liga.
Was Red Bull Salzburg jahrelang vorgemacht hat, machen andere Klubs mehr oder weniger erfolgreich nach.
Mehr als ein Drittel in Österreich ausgebildet
Hinzu kommen hierzulande ausgebildete Kicker. 20 dieser 55 Kicker haben ihre Ausbildung in Österreich genossen, also 33 Prozent. Es lässt sich also, wenngleich nicht so viel, auch gutes Geld mit eigenen Talenten verdienen.
Aber warum gelingt der Austria beides nicht so recht?
Sehen wir uns die vier hier angeführten FAK-Transfers kurz an:
Matthias Braunöder: Vorzeige-Austrianer, seit Kindertagen ein Veilchen, unter Coach Michael Wimmer sah er nur noch selten Land, war alles andere als Stammspieler, wechselte eher aus der Not heraus in die Serie B zum späteren Aufsteiger Como.
Can Keles: Auch er war ewig im violetten Nachwuchs, schaffte es aber nicht, sich nachhaltig bei den Profis durchzusetzen. Um Spielpraxis zu sammeln, ließ er sich in die Türkei zu Karagümrük ausleihen, inklusive Kaufoption. Dort spielte er so stark, dass Besiktas zugriff, die Austria verdiente dank Weiterverkaufsbeteiligung gut mit.
Christian Früchtl: Der Plan ging voll auf, er kam vom FC Bayern, entwickelte sich am Verteilerkreis gut weiter und wurde in die Serie A an Lecce verkauft.
Haris Tabakovic: Er kam aus der 2. Liga von Lustenau, nach einem halben Jahr plus Trainerwechsel zerschoss er die Bundesliga. Aufgrund einer Ausstiegsklausel verließ er die Austria mit 500.000 Euro aber deutlich unter Wert.
Hat die Austria sonst keine Spieler im Kader, die für den internationalen Transfermarkt interessant sind?
Ein Blick auf die Altersstruktur der vergangenen drei Saisonen und der aktuellen:
Dargestellt werden alle in Pflichtspielen eingesetzten Spieler und wie viele der Spielminuten sie prozentuell absolviert haben. Für diese Berechnung wurden nur Spiele berücksichtigt, in denen die Spieler einsatzfähig, also nicht gesperrt oder verletzt waren. Beim Klick auf einen Punkt poppen Name, Alter und Spielminuten auf. Rot markiert ist der vorhin angesprochene Bereich im Alter zwischen 20 und 24 Jahren.
Was auffällt:
Die Anzahl der regelmäßig eingesetzten Spieler bis inklusive 24 Jahren sinkt kontinuierlich. 2021/22 waren es noch 8, 2022/23 dann 7, 2023/24 nur noch 5, 2024/25 sind es aktuell 4.
Von diesen Spielern sind in der laufenden Saison mit Nik Prelec, Maurice Malone und Matteo Perez Vinlöf drei Leihspieler, auf die beiden erstgenannten hat die Austria eine Kaufoption. Auch davor waren mit Frans Krätzig (23/24), Doron Leidner (22/23) und Eric Martel (21/22) Leihspieler darunter.
Das Durchschnittsalter der Spieler, die über 60 Prozent ihrer möglichen Einsatzminuten absolvieren, ist von 24,9 Jahren in der Saison 2022/23 auf 27,5 Jahre in der aktuellen Spielzeit angestiegen.
Pech und Stagnation
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Austria bei ihren Talenten Ziad El Sheiwi und Florian Wustinger aufgrund mehrerer Kreuzbandrisse richtig viel Pech hatte.
Das ändert aber nichts daran, dass es über Jahre hinweg nicht gelungen ist, Spieler, die den ersten Sprung zu den Profis geschafft haben, so zu entwickeln, dass sie regelmäßig spielen und für den (internationalen) Markt interessant werden. Muharem Huskovic, Dario Kreiker und Romeo Vucic etwa.
Erfolgslauf monetarisieren?
Der Erfolgslauf im Herbst lässt die Violetten nun natürlich davon träumen, wieder im europäischen Geschäft mitzumischen - und dann vielleicht länger als eine Quali-Runde.
Was sich aber nicht abzeichnet, ist eine Monetarisierung der starken Leistungen in Form von Transfers. Dafür gibt es im gut funktionierenden Team zu wenige Stammspieler im richtigen Alterssegment, deren Transferrechte beim FAK liegen.
Doch genau das wird es brauchen, um nachhaltig schwarze Zahlen zu schreiben.