30 Spiele hat Ralf Rangnick bislang als ÖFB-Teamchef absolviert. 17 konnten gewonnen werden, fünf endeten Remis, es gab acht Niederlagen. Angesichts des Starts in der Nations League mit Gegnern wie Kroatien, Frankreich und Dänemark durchaus bemerkenswert.
Lediglich zwei Niederlagen geschahen bei einem ersten Aufeinandertreffen zwischen dem Nationalteam und den Gegnern. Dabei handelt es sich um die Spiele gegen Dänemark im zweiten Spiel der Ära Rangnick (1:2), sowie das 1:2 daheim gegen die Norweger im September.
Alle anderen Niederlagen fanden in Re-Matches bzw. Rückspielen statt. Dabei handelt sich um die Niederlagen gegen Kroatien, Dänemark, Frankreich (zweimal), Belgien und die Türkei. Hinzu kommt noch das 1:0 in Aserbaidschan im Oktober 2023, das deutlich schwächer war als das Hinspiel (4:1).
Positiver gestaltet werden konnten hingegen nur die Duelle mit Estland, Schweden sowie jüngst gegen Norwegen. Auffällig ist, dass Österreich vor allem gegen jene Mannschaften im zweiten Anlauf verloren hat, die am Papier besser sind als die ÖFB-Elf.
Rangnick als "Problem"?
Das zweite Spiel schlechter zu gestalten als das Erste, muss kein Beinbruch sein. Wer in Spiel A gegen Team X mit 5:0 gewinnt, muss im Rückspiel nicht alles geben. Allerdings ist das Thema "im zweiten Spiel schlechter als im ersten" eines, das Rangnick bzw. sogar seinen Fußball länger begleitet.
Bei seinem Engagement bei Manchester United lautete die Bilanz 11-9-9 nach 29 Spielen. In sieben Fällen kam es zu einem zweiten Duell, zweimal (Norwich, Brentford) konnte United den Sieg wiederholen – und fünfmal (Crystal Palace, Burnley, Aston Villa, Brighton, Atlético) ging das zweite Spiel verloren.
Auch als Rangnick das zweite Mal Chefcoach von RB Leipzig war (2018/19) zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Gesamtbilanz ist mit 29-13-10 deutlich positiver als bei United (und leicht über jener von Österreich). 27 Mal traf Rangnick zum zweiten (bzw. viermal zum dritten Mal) auf dieselben Gegner.
Sieben Spiele konnten positiver gestaltet werden, neun schlechter als das vorangegangene, bei den restlichen elf Spielen bestätigte sich das Ergebnis aus dem ersten Duell.
Blättern wir weiter zurück. 2015/16 war Rangnick das erste Mal Leipzig-Coach, allerdings mit einer Bundesliga-Mannschaft in der 2. Bundesliga. Davor war er kurzzeitig Schalke-Coach und wiederum davor Hoffenheim-Trainer.
Diese lange Ära kann man sich ansehen, 166 Spiele waren es bewerbsübergreifend, die Bilanz ist positiv, mit 79 Siegen, 43 Unentschieden bei 44 Niederlagen. Insgesamt ist die Tendenz hier nicht so deutlich wie bei den anderen zwei Klubs.
34 Mal schnitt man im darauffolgenden Spiel besser ab, 32 Mal schlechter, 41 Mal gleich. Sieht man sich hingegen aber nur die 34 Runden in der Bundesliga-Saison 2008/09 an - der Aufstiegssaison der TSG - zeigt sich: Acht Mal gestaltete man das Rückspiel schlechter, sechsmal gleich, nur drei Mal besser. Es scheint also eine Tendenz zu geben, dass Rangnick in den Re-Matches "underperformed".
Aber stimmt das?
Das kann alles nur Zufall sein. Allerdings liegt es unter Umständen auch an der Ausrichtung. Marco Rose lässt mehr oder weniger RB-Fußball spielen, so auch bei Borussia Dortmund 2021/22. In der Liga konnte er denselben Gegner dreimal schlagen, statt gegen ihn zu verlieren, viermal gestaltete sich das umgekehrt, das Ergebnis verschlechterte sich. Auch eine etwas negative Tendenz.
Sieht man sich dann auch noch die Performance von Red Bull Salzburg in der Gruppenphase der Champions League an, so zeigt sich, dass man gegen die 15 verschiedene Gegner in den Spielzeiten 2019/20 bis 2023/24 im zweiten Spiel nur dreimal besser spielte als im jeweiligen ersten Spiel.
Sechsmal performte man gleich und sechsmal schlechter. Wichtig zu erwähnen ist, dass unter den sechs Spielen mit dem gleichen Ausgang nur eine Siegwiederholung war und fünf zweite Niederlagen. Zwar gegen Liverpool, Atlético, Bayern, Real Sociedad und Inter Mailand, aber es gab viel seltener eine Verbesserung.
Das waren nun mehrere Beispiele aus der Welt von Red Bull, die nahe legen, dass der Fußball beim ersten Mal sitzen muss, dann nicht unbedingt besser wird. Wirft man nämlich einen Blick auf die Ära Foda, sieht man ein gänzlich anderes Bild.
In 20 Spielen gegen Gegner, gegen die man unter Franco Foda bereits gespielt hatte, zeigt sich im Vergleich mit dem immer vorangegangenen Spiel: Nur dreimal spielte Österreich im zweiten bzw. weiteren Versuch schlechter, sechsmal sogar besser.
Ist das zweite Mal für Rangnick schwieriger?
Die Indizien legen also nahe, dass sich der ÖFB bzw. der Fußball, den sich Ralf Rangnick vorstellt, beim ersten Mal gut funktioniert, es beim zweiten Aufeinandertreffen allerdings schwieriger wird. Das betrifft Rangnicks Performance über die Jahre bei drei Klubmannschaften, zwei Beispiele mit RB-Vergangenheit und kann anhand von Fodas Performance in die andere Richtung bestätigt werden.
Das heißt jetzt nicht, dass der Fußball schlecht ist oder ein anderer prinzipiell besser, sich die Gegner in konkreten Duellen aber besser auf Rangnick, Red Bull bzw. Österreich einstellen können.
Das heißt: Entweder man spielt noch konkreter im eigenen Spiel, wie gegen Norwegen, oder sucht Alternativen, damit der Überraschungseffekt nicht verloren geht. Dass das nicht so leicht ist, beweist Rangnicks "Erfindung" Red Bull Salzburg aktuell vor allem in der heimischen Bundesliga.
Nachdem auch noch die prinzipielle Spielstärke eine Rolle spielt, sieht es mit einem Sieg am Donnerstag gegen die Kasachen sehr gut aus. Sollte Österreich Slowenien schlagen, dann ist man mit großer Wahrscheinlichkeit Gruppensieger – allerdings ist es statistisch aufgrund von Rangnicks Zweite-Mal-Regel fraglich, ob das auch gelingt...