Akademiereform: Gleiches Recht für alle? [Reportage]
Im Dezember beschloss der ÖFB eine Reform des Akademiewesens. Statt derzeit 13 könnte es maximal 28 Akademien geben, noch dazu in zwei Leistungsstufen. Die Admiral Bundesliga-Klubs haben gemischte Gefühle.
Einerseits ist es gut, wenn man ohne Druck Fußball spielt, andererseits ist es Mist, wenn sie hochkommen und auf einmal Druck haben.
+ + 90minuten.at PLUS - Eine Reportage von Georg Sander + +
13 Akademien kicken seit der Aufnahme von Austria Klagenfurt in den Jugendligen gegeneinander. Und immer mehr Klubs hätten gerne eine eigene. Etwa der GAK, der im Herbst 2021 an den ÖFB appellierte, man brauche eine eigene Nachwuchsschmiede; auch der TSV Hartberg wollte damals eine eigene. Seit Mitte Oktober 2021 gab es aber schon einen Aufnahme-Stopp, da der Fußballbund die Lizenzvergabe an mögliche Akademien evaluieren wolle. Nach einiger Zeit der Evaluierung brachte das Präsidium die adaptierte Struktur der Talentförderung im Dezember 2022 auf den Weg: ein Konzept mit zwei Leistungsstufen.
Die erste Leistungsstufe soll unverändert mit Akademien und in den Altersklassen U15, U16 und U18 gespielt werden. Darunter wird die sogenannte ÖFB Jugendregionalliga eingeführt, die in Ost und West aufgeteilt wird. Vereine aus Niederösterreich, Wien und dem Burgenland werden immer im Osten spielen. Klubs aus Vorarlberg und Tirol immer im Westen. Bei Teams aus Salzburg, Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark wird eine Zuteilung fallbezogen entschieden. So weit die Theorie. Neben dem Status als „ÖFB Akademie“ wird es eben die Stufe „ÖFB Nachwuchszentrum“ geben. Letztere können von Vereinen der beiden höchsten Spielklassen, Regionalligisten und Landesverbänden betrieben werden. Nun können ab 2024/25 viel mehr Betreiber ein (abgespecktes) Nachwuchszentrum auf die Beine stellen. Grundsätzlich ein Gewinn. Aber: Es gilt es für den höchsten Status rund 750.000 Euro auf die Beine zu stellen. Der TSV erwirtschaftete 2021/22 Erträge in der Höhe von 6,4 Mio Euro – kein leichtes Unterfangen. Noch viel schwieriger wird es zu entscheiden, wer wo spielt.
„Akademiesystem wichtige Basis“
Ab der Saison 2024/25 wird in den Altersklassen U15, U16 und U18 noch „normal“ mit je 13 Teams gekickt. In der 2. Leistungsstufe soll im Pilotjahr 2023/24 in zwei Altersklassen, U16 und U18 gespielt werden. Laut Medienberichten haben 30 Teams Interesse angemeldet. Ab 24/25 wird dann auf zwölf Mannschaften reduziert. Ein schwieriges Unterfangen, wer letztlich oben bleiben soll. Die beiden Kärntner Klubs Austria Klagenfurt und WAC teilen sich ein (viel zu kleines) Gelände, beim GAK oder in der Schulsportstadt Hartberg sieht die Infrastruktur besser aus. Zwar werde jährlich evaluiert, aber mit Salzburg, Rapid, Austria, dem LASK und Sturm Graz sowie den von den Landesverbänden betriebenen Akademien in Vorarlberg, Tirol, Niederösterreich und dem Burgenland sind wohl neun Plätze quasi fix.
Wie sehen nun Verantwortliche die Diskussion? Red Bull Salzburg-Sportchef Christoph Freund meint gegenüber 90minuten.at: „Es gibt viele Diskussionen mit dem ÖFB. Das Akademiesystem ist eine ganz wichtige Basis für Österreichs Nachwuchsarbeit.“ Wie groß die Liga sein soll, dazu gebe es aus seiner Sicht „Für und Wider“, vor allem hinsichtlich der Qualitätsfragen: „Es ist ein laufender Prozess, aber wir haben in den letzten zehn, fünfzehn Jahren ein sehr gutes System gefunden. Es geht um Entwicklung und nicht, ob man das Spiel am Wochenende gewinnt." Sein Altacher Pendant Georg Festetics erklärt entgegnend: „International ist es schon so, dass es mit 17 Jahren Druck gibt.“ Oder, wie es sein Lustenauer Kollege Alexander Schneider formuliert: „Einerseits ist es gut, wenn man ohne Druck Fußball spielt, andererseits ist es Mist, wenn sie hochkommen und auf einmal Druck haben.“
Rahmenbedingungen entscheidend
Doch es gibt auch Themen, die über das Sportliche hinausgehen. „Es sind eher die Rahmenbedingungen“, führt etwa Austria-Sportchef Manuel Ortlechner an, „Wir wollen den A-Status behalten. Die Spieler sehen, dass wir das Leben und es sind keine Phrasen. Das kommt auch bei den Fans gut an.“ Für den TSV Hartberg wäre eine B-Liga bzw. zweite Leistungsstufe gut. Diffiziler ist die Sache in Kärnten, wo es im Gegensatz zur Steiermark nicht so eine gute Infrastruktur gibt. Beiden Kärntner Bundesligisten könnte eine Runterreihung drohen. „Es gibt jetzt mehrere Mannschaften, wir haben die Akademie 2014 übernommen und Jahr für Jahr gute Arbeit geleistet, das wollen wir weiter machen“, erinnert WAC-Vizepräsident Christian Puff. Bei Austria Klagenfurt hofft Matthias Imhof auf Fairness: „Es ist eine gute Idee, die Kriterien anzuheben. Aber man muss fair bleiben und jedem die gleiche Chance geben. Es kann nicht sein, dass man sagt, was die letzten Jahre war. Wenn man das neu aufstellt, muss jeder bei Null anfangen. Dann sollen die besten 12 Akademien fair ermittelt werden.“
Weitere Themen?
Der ÖFB arbeitet an dieser Neuaufstellung. Sportdirektor Peter Schöttel erklärt gegenüber 90minuten.at dazu: „Dieses Thema besitzt eine außerordentliche Komplexität, auch was die Rahmenbedingungen betrifft.“ Mit dem Präsidiumsbeschluss selbst sei das Projekt eben nicht abgeschlossen, derzeit – Stand Mitte Februar, „arbeiten wir an der Detailabstimmung einiger Punkte. Sobald dieser Prozess finalisiert ist, werden wir ein entsprechendes Update geben.“ Es heißt also noch warten.
Wie bereits eingangs erwähnt, freuen sich die Klubs darauf. Denn nicht jeder Verein hat eine eigene Akademie. Die Vorarlberger Klubs „teilen“ sich etwa die AKA Vorarlberg, die WSG Tirol muss für die Spieler der Akademie im Bundesland auch zahlen, wie Sportchef Stefan Köck anführt: „Für uns als WSG ist es schwierig, Spieler aus den Leistungszentren zu holen. Wenn ich einen Spieler aus der Akademie Tirol hole, ist das mit Kosten verbunden.“ Vielleicht wäre auch das ein Ansatz, um nicht nur viele Österreicher in die Kader zu bringen oder sie zu Superstars zu formen. Das, siehe die großen Transfers, gelingt eben nicht immer. Ein neues Akademiesystem kann da helfen.