Klub-Koeffizient: Salzburgs Crux mit der Königsklasse
Red Bull Salzburg gelingt auch im zweiten Anlauf kein Überwintern in der Champions League. Das hat negative Auswirkungen auf die Setzungen.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Von Georg Sander
Im Sommer 2019 öffnete sich endlich die Tür zur Königsklasse für Salzburg in der Ära Red Bull. Der heimische Serienmeister zeigte eigentlich durchwegs tolle Leistungen im ersten und im zweiten Versuch, mit einigen offenen Baustellen, die vor allem gestern gegen Atlético Madrid zu Trage kamen: Zahlreiche Chancen, keine Tore, Schwäche bei Defensivstandards. Immerhin: Jesse Marsch rückte nicht vom Powerfußball ab und stellte Liverpool, Bayern München, Napoli, Atléti, Lok Moskau und ferner Genk vor große Aufgaben. Im Fall der beiden letztgenannten vor unlösbaren, es folgt auch dieses Jahr der Umstieg als Gruppendritter in die Europa League.
Die Bilanz der nun zwölf Champions League-Partien: Drei Siege, zwei Remis, sieben Niederlagen. Die Erfolge gelangen logischerweise gegen Moskau und Genk, die Remis gegen Lok und Napoli. Die Entscheidungsspiele am letzten Gruppenspieltag in beiden Saisonen gingen kurioserweise jeweils mit 0:2 verloren, gegen die Madrilenen und den Klopp'schen LFC. Dass die Bullen in der Europa League mit Gegnern, wie sie die anderen heimischen Vertreter haben, Schlitten fahren würden, könnte man nun annehmen, die Salzburger haben das in den EL-Gruppenphasen ja auch oft genug bewiesen. Das wird bei stetigen Umstiegen nicht der Fall sein, weil man unter den vier schlechteren Gruppendritten ist, einen starken Gegner bekommen wird. In dem Fall unabhängig vom Koeffizienten - allerdings spielt der bei künftigen Setzungen eine Rolle.
Der Klubkoeffizient
Die Setzung richtet sich nach dem Klubkoeffizienten. Die Berechnung ist etwas komplex, weil es ab 2018/19 zu einer Änderung kam, aber wie bei der Länder-Fünfjahreswertung eben die Vergangenheit mitzählt. Für die Königsklasse gibt es keine Qualipunkte, aber vier für die Gruppenphase, in der Europa League gibt es verminderte Quali-Punkte, Siege bringen da wie dort zwei Punkte, ein Remis einen. Die genauen Ausführungen gibt es hier. Wichtig: Die Performance in den Gruppenspielen ist ausschlaggebend für die Setzung. Bereits der Vergleich der Spielzeiten 2017/18 (EL-Halbfinale), 2018/19 (EL-Achtelfinale) und der Saison 2018/19 (Gruppenphase CL, EL-Sechzehntelfinale) zeigt diesen Rückgang: 21, 16, 10. In der aktuellen Saison hält man bei sieben Punkten - vier für die Gruppenphase und die drei Punkte für den Sieg und das Remis gegen Lok.
Im Gegensatz zur Fünfjahreswertung, wo die laufende Spielzeit erst in der übernächsten schlagend wird, sind die Saisonen 15/16 bis 19/20 für 20/21 schlagend. Noch ist das nicht so schlimm. 2015/16 scheiterten die Salzburger im EL-Playoff an Dinamo Minsk, nachdem man gegen Malmö aus der CL-Quali geflogen war. Diese Saison brachte für den Klubkoeffizienten nur 1,5 Zähler und fliegt nächstes Jahr raus. In zwei Jahren dann die 16/17er-Spielzeit mit fünf Punkten. In der Zukunft könnte das also zu Problemen führen.
Das Problem am Horizont
In dieser Saison hält Salzburg somit bei 59 Punkten, mit der Möglichkeit auf mehr in der KO-Phase der Europa League. Dieses Jahr waren es 53.5. Würde es nun zur Regel werden, dass die Bullen Dritter oder Vierter in der Champions League werden, dann werden sie sich auf Dauer schwer tun mit der Setzung. Bereits in der vergangenen Saison holte der aktuelle Tabellenführer LASK mehr Punkte für sich und die Fünfjahreswertung. Insofern könnte hier das Problem entstehen, dass die Gegner stets schwerer werden.
Natürlich kann man auch harte Nüsse aus dem vierten Topf bekommen, wenn man wie Salzburg ein Team aus dem dritten Topf ist. Es wird aber nicht leichter. Schon in dieser Saison hatte Ajax, das schlechteste Topf 2-Team einen 16 Punkte besseren Koeffizienten. Man ist also in Pot drei ein bisschen gefangen, was dann eben zu in jedem Fall zwei Topgegnern führt. Wie entscheidend eine gute Setzung sein kann, zeigt etwa Rapid in der laufenden Europa League-Saison. Zwar gab es mit Arsenal ein Topteam, dafür aber eben zwei aus den niedrigeren Töpfen (ungeachtet der Tatsache, wie das Spiel gegen Molde ausgeht). Wäre Salzburg im zweiten Topf, dann wäre einerseits eine Gruppe mit Piräus und Ferencvaros möglich gewesen, plus einem Topf 1-Knaller. Andererseits, so ehrlich muss man sein, hätten es dann auch Inter und Mönchengladbach sein können. Aber fakt ist: Je besser die Setzung, desto leichter die Gegner.
Nicht vergessen: Das ist die Königsklasse!
Bei all diesen Überlegungen, der Nachbetrachtung der Spiele in dieser Saison und evidenten Problemfeldern bei Salzburg: Es ist die Champions League. Ins Achtelfinale zogen abgesehen von den nicht gerade kleinen Klubs aus Portugal und Frankreich, Porto und PSG, nur Teams aus den Top4-Ligen des Kontinents ein. Diese Tür ist schwer aufzustoßen für Klubs aus Österreich, Russland, der Ukraine, Griechenland, den Niederlanden, Dänemark, Belgien, Ungarn oder der Türkei.
Die Lösung dieses Problems für Salzburg ist einfach, den eigenen Spielstil noch zu verfeinern und auf zumindest, so lange man es jährlich in die Champions League schafft, in der Europa League weit zu kommen. Für die eigene Setzung sind Saisonen wie die jetzige und die letze nämlich nicht gut, will man irgendwann auch in der Königsklasse ins Achtelfinale.